Hisbollah reagiert mit neuen Raketenangriffen auf israelische Bombardements
Im Konflikt zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah haben beide Seiten ihre Angriffe intensiviert. Rund 140 Raketen seien am Freitag binnen einer Stunde aus dem Libanon auf Israel abgefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Die Hisbollah erklärte, sie habe "Salven von Katjuscha-Raketen" auf Militärstützpunkte in Israel abgefeuert. Zuvor hatten israelische Kampfjets nach Armeeangaben rund hundert Raketenwerfer der pro-iranischen Miliz im Libanon bombardiert.
Die Spannungen zwischen Israel und der Hisbollah hatten sich deutlich zugespitzt, nachdem am Dienstag und Mittwoch hunderte Pager und Walkie-Talkies der Miliz gleichzeitig explodiert waren. Bei den in zwei Wellen erfolgten Explosionen wurden 37 Menschen getötet und fast 3000 verletzt.
Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah machte Israel für die Attacken verantwortlich und drohte mit Vergeltung. Israel äußerte sich nicht zu den Explosionen, kündigte aber an, den Kampf gegen die mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen verbündete Hisbollah fortzusetzen.
Bei den Angriffen am Freitag nahm die Hisbollah nach eigenen Angaben mindestens sechs "Armee-Hauptquartiere" und Stützpunkte in Israel ins Visier, unter ihnen eine wichtige "Luftverteidigungsbasis".
Israelischen Kampfjets hatten in der Nacht zum Freitag nach Armeeangaben "etwa hundert Abschussrampen und zusätzliche terroristische Infrastruktur" im Libanon angegriffen. Nach Angaben der Hisbollah wurden dabei zwei ihrer Kämpfer getötet.
Es handelte sich um einen der schwersten israelischen Luftangriffe im Süden des Landes seit dem Aufflammen der Gefechte zwischen Israel und der Hisbollah infolge des Gazakrieges im vergangenen Oktober.
Hisbollah-Anführer Nasrallah hatte am Donnerstag als Reaktion auf die Explosionen der Pager und Funkgeräte einen "schweren Schlag" gegen seine Miliz eingeräumt. Israel habe damit "alle roten Linien überschritten", erklärte er in einer Fernsehansprache. Er drohte Israel mit "harter Vergeltung". Die Schutzmacht der Hisbollah, der Iran, drohte Israel ebenfalls mit einer "vernichtenden Antwort der Widerstandsfront".
Als "Widerstandsfront" oder "Achse des Widerstands" versteht sich eine militärische Koalition gegen Israel bestehend aus dem Iran und seinen regionalen Verbündeten, darunter die Hisbollah, die islamistische Palästinenserorganisation Hamas und die jemenitischen Huthi-Rebellen.
Der libanesischen Vertretung bei den Vereinten Nationen zufolge wurden die Kommunikationsgeräte der Hisbollah mit Sprengstoff versehen, bevor sie in das Land gelangten.
Der libanesische Außenminister Abdullah Bou Habib sprach von einem "eklatanten Angriff auf die Souveränität und Sicherheit des Libanon" und warnte vor einem "größeren Krieg". Israels Verteidigungsminister Joav Gallant hatte am Mittwoch angekündigt, dass sich der Schwerpunkt der israelischen Militäreinsätze in Richtung Libanon verschiebe. Ziel sei es, den vor den Angriffen der Hisbollah geflohenen Bewohnern Nordisraels eine Rückkehr zu ermöglichen.
Die Bundesregierung zeigte sich sehr besorgt über die Lage im Nahen Osten. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte am Freitag in Berlin, wichtig seien jetzt "Schritte der Deeskalation". In Berlin tagte am Freitag auch der Krisenstab des Auswärtigen Amtes zur Lage in der Region und zur Lage deutscher Staatsangehöriger im Libanon.
Für Spekulationen sorgt weiterhin die Frage nach der Herkunft der im Libanon explodierten Pager. Die taiwanische Staatsanwaltschaft befragte nach eigenen Angaben den Chef der Firma Gold Apollo als Zeugen. Das Unternahmen war durch einen Bericht der "New York Times" in den Fokus geraten.
Auch eine Frau mit Verbindungen zu der ungarischen Firma BAC Consulting KFT wurde in Taiwan vernommen. Sie soll demnach eine Firma namens Apollo Systems in Taipeh aufgebaut haben. BAC hatte die Pager, die später im Libanon explodierten, nach Angaben der Firma Gold Apollo unter Verwendung ihres Markennamens hergestellt. Die Chefin von BAC bestritt jedoch, die Geräte produziert zu haben und erklärte, lediglich als Zwischenhändlerin zu arbeiten.
Die bulgarischen Behörden schlossen derweil aus, dass die Pager von einer in Sofia ansässigen Firma "importiert, exportiert oder hergestellt wurden". Das Unternehmen Norta Global war in einem Bericht der ungarischen Website "Telex" mit den Pagern in Verbindung gebracht worden.
Die Gefechte zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah im Libanon haben seit Beginn des Krieges zwischen der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und Israel im Gazastreifen am 7. Oktober deutlich zugenommen. Hunderte Menschen, die meisten von ihnen Hisbollah-Kämpfer, wurden seither im Libanon getötet. Auch in Israel gab es dutzende Todesopfer, unter ihnen Soldaten und Zivilisten. Zehntausende Menschen auf beiden Seiten der Grenze mussten fliehen.
Aufgrund der Spannungen in der Region verlängerte die US-Fluglinie Delta die Aussetzung ihres direkten Flugverkehrs zwischen den USA und Israel bis Ende des Jahres.
H. Müller--BTZ