Riesenspannung rund um Vernehmung von Michael Cohen im US-Kongress
Riesenspannung in Washington rund um Michael Cohen: Der langjährige Anwalt und Vertraute von US-Präsident Donald Trump ist am Dienstag zu seiner Aussage im US-Kongress eingetroffen. Seine auf drei Tage angesetzten Vernehmungen durch nacheinander drei Ausschüsse sollten sich unter anderem um die Affäre um dubiose Russland-Kontakte des Trump-Teams, die Schweigegelder für angebliche frühere Sexpartnerinnen des Präsidenten sowie Trumps Finanzverhältnisse und Geschäftspraktiken drehen.
Cohens eigener Anwalt Lanny Davis hatte im Vorfeld angekündigt, dass sein Mandant "erschreckende" Aussagen über Trump machen werde. Cohen wolle über "Lügen, Rassismus und Betrug" berichten, zitierte die Zeitung "Washington Post" am Dienstag eine Quelle aus dessen Umfeld. Das Weiße Haus erklärte hingegen, es sei "traurig", dass Cohen eine weitere Gelegenheit bekomme, "seine Lügen zu verbreiten".
Nur ein Teil der Vernehmungen sollte allerdings vor der Öffentlichkeit stattfinden. Als erstes sollte Cohen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vom Geheimdienstausschuss des Senats befragt werden. Für Mittwoch steht dann eine öffentliche Aussage des 52-Jährigen vor dem permanenten Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses an. Zum Schluss folgt am Donnerstag eine nochmalige Vernehmung hinter verschlossenen Türen, dann vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses.
Der frühere Trump-Intimus war im Dezember von einem New Yorker Gericht wegen Meineids in früheren Aussagen gegenüber dem Kongress sowie Steuer- und Finanzdelikten zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Die Haftstrafe muss er im Mai antreten. Ursprünglich sollte er bereits im März ins Gefängnis, doch ihm wurde ein zweimonatiger Aufschub gewährt.
Präsidentensprecherin Sarah Sanders erklärte im Vorfeld von Cohens Vernehmung, es sei "lachhaft", dass irgendjemand einem "verurteilten Lügner" Glauben schenken wolle. Ihr Statement verbreitete Sanders aus Vietnam, wo sich Trump zu seinem zweiten Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un aufhielt. Cohens Aussage dürfte die Aufmerksamkeit der US-Öffentlichkeit zu einem Großteil von dem Gipfel in Hanoi ablenken.
Denn der Anwalt hat Trump bereits mit seinen bisherigen Aussagen in erhebliche Nöte gebracht. So gab er etwa zu, in früheren Aussagen gegenüber dem Kongress über das vom Trump-Konzern verfolgte - und letztlich nicht realisierte - Projekt eines Hochhausturms in Moskau gelogen zu haben.
Das Projekt wurde demnach deutlich länger und unter stärkerer persönlicher Beteiligung Trumps verfolgt als ursprünglich von Cohen angegeben - nämlich bis mindestens Juni 2016, als Trump bereits so gut wie sicher als republikanischer Präsidentschaftskandidat feststand. Die Chronologie ist insofern brisant, als es darum geht, ob Trump noch in einer fortgeschrittenen Wahlkampfphase Geschäftsinteressen in Russland verfolgte.
Cohen brachte Trump auch mit seinen Aussagen zu Schweigegeldzahlungen an zwei angebliche frühere Sexpartnerinnen Trumps in die Bredouille. Er sagte aus, diese Zahlungen im Auftrag Trumps geleistet zu haben. In seinem Urteil gegen Cohen sah das Gericht in diesen Zahlungen gesetzwidrige Wahlkampffinanzierung.
Laut der von der "Washington Post" zitierten Quelle wollte Cohen bei seinen jetzigen Aussagen im Kongress "sehr spezifische Details" zur Abwicklung der Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels und das frühere "Playboy"-Model Karen McDougal während des Wahlkampfs 2016 schildern.
Außerdem will Cohen laut dieser Quelle "detaillierter" als bisher dazu aussagen, warum er den Kongress über das Moskauer Trump-Tower-Projekt belogen hatte. Eine Schlüsselfrage ist, ob Trump seinen Ex-Anwalt möglicherweise zu dem Meineid angestiftet hat.
Der "New York Times" zufolge wollte Cohen auch über betrügerisches Gebaren von Trump als Geschäftsmann berichten. Ferner wollte er den Medienberichten zufolge angebliche rassistische Bemerkungen des Präsidenten enthüllen.
Trump hat seinen früheren Vertrauensmann als "Ratte" bezeichnet - eine Wortwahl, welche die Mafia für Verräter verwendet.
(L. Solowjow--BTZ)