
Verhärtete Fronten im Koalitionsstreit um Planungsbeschleunigung

Nach dem ergebnislosen Koalitionsausschuss zu schnelleren Planungsverfahren und Klimazielen im Verkehrssektor bleiben die Fronten verhärtet. "Was nicht geht, ist, im Verkehr, wo wir eine riesige Klimaschutzlücke haben, jetzt erst mal alle Autobahnen schneller bauen" sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Berliner "tageszeitung". Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dringt dagegen auf Planungsbeschleunigung auch für neue Fernstraßen.
Die mehrstündige Beratung des Koalitionsausschusses war am Donnerstagabend ohne konkrete Beschlüsse zur Beschleunigung von Planungsverfahren sowie zur Umsetzung der deutschen Klimaziele beendet worden. Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte am Freitag, es sei ein "intensiver und konstruktiver Austausch" gewesen, der fortgesetzt werde.
Wissing beharrt darauf, nicht nur den Ausbau des Schienennetzes, sondern auch den Bau neuer Autobahnen zu beschleunigen. Die Grünen warnen vor einer Schwächung des Naturschutzes, die damit verbunden sei, und zweifeln am Bedarf für mehr Autobahnen - zumal beim Klimaschutz schon jetzt der Rückstand im Verkehrsbereich besonders groß ist.
Habeck sagte der "taz", es sei richtig und "enorm wichtig, bestimmte Dinge schneller zu planen, zu bauen und zu genehmigen - bei der Bahn, beim Ersatz von maroden Brücken." Er wandte sich jedoch gegen eine Planungsbeschleunigung auch beim Bau neuer Fernstraßen.
"Wir brauchen mehr Tempo bei Klima- und Umweltschutz - und beim Ausbau und Erhalt wichtiger Infrastruktur", erklärte auch das Bundesumweltministerium von Steffi Lemke (Grüne). Aber ein Gesetz, das dem Neubau von Straßen und Autobahnen pauschal Vorrang vor dem Gesundheits-, dem Umwelt- und Naturschutz einräume, sei angesichts von Artenaussterben und Klimakrise der falsche Weg. Man könne nicht "über die Krise der Natur reden und gleichzeitig beim Neubau von Autobahnen und Straßen wichtige Standards ausdünnen, die Umwelt und Menschen schützen".
Ein Sprecher Wissings wies demgegenüber am Freitag darauf hin, es sei nicht so, als würde das Thema Klimaschutz im Verkehr "brachliegen". Er verwies auf ein "sehr großes Paket" zur Eisenbahn und der Arbeit an der Reform des öffentlichen Personennahverkehrs. Allerdings reichen die bisher geplanten Maßnahmen nicht aus, um die bislang verfehlten Vorgaben des deutschen Klimaschutzgesetzes im Verkehrssektor einzuhalten.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr argumentierte in der "Bild"-Zeitung: "Besser ausgebaute Autobahnen bedeuten weniger Staus und damit weniger CO2." Er äußerte sich zuversichtlich, dass "bis Ostern" eine Lösung gefunden werde. FDP-Fraktionsvize Carina Konrad sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei eine "Enttäuschung", dass die Grünen bei "zentralen Herausforderungen für unser Land so wenig partnerschaftlich agieren". Forderungen der Grünen nach einem Tempolimit oder einer Reform der Dienstwagenbesteuerung für mehr Klimaschutz lehnte Konrad ab und warnte vor einer "Verteufelung der Straße".
Der Vizechef der Unionsfraktion, Ulrich Lange (CSU), forderte zur Beilegung des Streits ein Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er nannte die Arbeit der Koalition "ein Trauerspiel".
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) erklärte, es sei "völlig klar", dass mehr Straßenbau zu einer Beschleunigung der Natur- und Klimakrise führen würde. Der Sanierungsstau bei Straßen und Brücken lasse sich auch mit vorhandenen Mitteln bekämpfen. Die SPD werde sich entscheiden müssen, "wie ernst es ihr wirklich damit ist, Klimaschutz und Modernisierung in Deutschland voranzubringen".
T. Jones--BTZ