
Laschet übernimmt Verantwortung für Wahlpleite - und beklagt Zustand der CDU

In einer selbstkritischen Rede hat CDU-Chef Armin Laschet Verantwortung für die historische Wahlniederlage der Union übernommen. Der gescheiterte Kanzlerkandidat beklagte in einer Rede bei einem Treffen der Jungen Union in Münster aber auch Indiskretionen und einen Mangel an Geschlossenheit, was seinen Wahlkampf schwer belastet habe. Die künftige CDU-Spitze müsse jünger, weiblicher und solidarischer werden. Auch CDU-Vize Jens Spahn und CSU-Chef Markus Söder, der nicht in Münster war, verlangten mehr Geschlossenheit.
"Diese Tugend, Zusammenstehen, das müssen wir wieder lernen, wenn wir in Zukunft Wahlen gewinnen wollen", sagte Laschet. "So wie der Zustand im Moment ist, kann es nicht weitergehen."
Das schlechte Ergebnis der Union bei der Bundestagswahl bezeichnete Laschet als "bitter" - und er übernahm ausdrücklich die Verantwortung dafür. "Den Wahlkampf, die Kampagne, habe ich zu verantworten und sonst niemand", sagte er. "Die Verantwortung für dieses Ergebnis, die trage ich als Vorsitzender und als Kanzlerkandidat."
Verärgert zeigte sich Laschet über ständige Indiskretionen aus internen Sitzung der CDU-Spitzengremien, die eine vertrauliche Debatte unmöglich gemacht hätten. "Das war schon der Beginn einer Schwächung im Wahlkampf", sagte er. "Das darf nicht mehr stattfinden."
Laschet äußerte sich vor den Delegierten auf dem Deutschlandtag in Münster, dem Jahrestreffen der Nachwuchsorganisation Junge Union. Die von manchen erwartete Abrechnung mit dem glücklosen Kandidaten blieb weitgehend aus: Viele Delegierte zollten Laschet Respekt dafür, dass er sich der Diskussion über die Wahlniederlage gestellt habe - anders als CSU-Chef Söder, der seinen Auftritt in Münster kurz zuvor abgesagt hatte.
Die Redebeiträge bei dem Treffen waren geprägt vom Wunsch nach einem Ende der internen Streitereien, nach einer schärferen inhaltlichen Profilierung und nach einem geordneten Verfahren für die künftige Kür der Kanzlerkandidaten von CDU und CSU.
Parteivize Jens Spahn beklagte "eine Zerrissenheit in der Partei, ein Klima des Misstrauens und eine Krise des Zusammenhalts". Die CDU müsse innerparteilich eine "Kultur des Vertrauens" aufbauen, sie müsse mehr inhaltliche Debatten führen und die Mitglieder besser an der Parteiarbeit beteiligen.
Er selbst wolle beim Wiederaufbau der Partei eine Rolle spielen: "Ich hab Lust darauf, diese neue CDU zu gestalten", sagte der 41-jährige Spahn.
Auch Söder forderte ein Ende der innerparteilichen Streitigkeiten. "Wir könnten mit einer Ampel-Regierung einen politischen Epochenwechsel erleben, deshalb ist es wichtig, dass CDU und CSU eine neue Geschlossenheit zeigen", sagte er der "Welt am Sonntag".
Söder hatte sich im April einen offenen Machtkampf mit Laschet um die Kanzlerkandidatur geliefert. Laschet kritisierte dies in Münster als "nicht hilfreich" - und forderte die Einsetzung eines Gremiums aus CDU und CSU, dem künftig die Kür des Kandidaten obliegen soll. Spahn unterstützte dies: Es müsse "das letzte Mal gewesen sein", dass auf diese Weise ein Kanzlerkandidaten der Union bestimmt wurde.
Die Forderung der Jungen Union nach einer Kür des neuen CDU-Chefs durch die Mitglieder bewertete Laschet zurückhaltend. Er sei zwar "nicht prinzipiell dagegen", sagte er. Er glaube dennoch, dass die künftige Personalaufstellung der CDU "in Konsensgesprächen" besser zu erreichen sei als durch eine Mitgliederbefragung.
Zum Auftakt des JU-Treffens am Freitagabend hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Friedrich Merz einen schonungslose Bestandsaufnahme der Lage geliefert. "Die Union ist mit diesem Wahlergebnis ein insolvenzgefährdeter schwerer politischer Sanierungsfall geworden", sagte Merz.
Laschet widersprach dieser Einschätzung am Samstag ausdrücklich. "Ich teile nicht die Formulierungen, die eher der Wirtschaft entliehen sind, dass wir nun ein totaler Sanierungsfall sind", sagte Laschet. Die CDU habe ein "gutes Programm".
(L. Pchartschoy--BTZ)