Mindestens zwei Tote durch Anschlag in Wiener Innenstadt
Bei einem Anschlag mit Schusswaffen in der Wiener Innenstadt sind mindestens zwei Menschen getötet und mehr als ein Dutzend weitere verletzt worden. Einer der Angreifer wurde am Montagabend von der Polizei erschossen. Nach mindestens einem weiteren Täter wurde in einer Großfahndung gesucht, wie der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig mitteilte. Die Hintergründe des Anschlags waren zunächst unklar. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach von einem "widerwärtigen Terroranschlag".
Der Anschlag hatte gegen 20.00 Uhr im Ausgehviertel Bermuda-Dreieck begonnen, wo kurz vor Beginn neuer Corona-Ausgangssperren und bei mildem Wetter viele Menschen unterwegs waren. Die Angreifer feuerten nach Angaben der Polizei an sechs verschiedenen Tatorten mit Gewehren um sich. Laut Ludwig schossen sie "wahllos" auf Gäste in Lokalen.
Ein Opfer starb kurz nach dem Angriff, dabei handelte es sich nach Angaben des Senders ORF um einen Passanten. Eine bei dem Anschlag verletzte Frau starb später im Krankenhaus, wie Ludwig sagte. Insgesamt wurden nach seinen Angaben 15 Menschen nach dem Anschlag in die Krankenhäuser eingeliefert, mehrere von ihnen seien schwer verletzt. Unter den Verletzten war ein Polizist.
Die Tatorte lagen unter anderem nahe der Staatsoper und der Hauptsynagoge der österreichischen Hauptstadt. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, erklärte im Onlinedienst Twitter, es sei noch unklar, ob das Gotteshaus eines der Angriffsziele gewesen sei. Die Synagoge war demnach zum Zeitpunkt der Tat geschlossen und das Bürogebäude der Gemeinde unbesetzt.
Kurz sagte im Sender ORF, die Täter seien mit Schnellfeuerwaffen ausgerüstet gewesen. Der Anschlag sei sehr professionell vorbereitet worden. Ein Augenzeuge sagte im ORF, einer der Angreifer habe wild mit einer Schnellfeuerwaffe um sich geschossen, bevor die Polizei eingetroffen und das Feuer eröffnet habe.
Die "Bild"-Zeitung berichtete, der wahrscheinliche Haupttäter sei Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Er habe seine Tat im Internetdienst Instagram angekündigt. Der Sprecher des Innenministeriums in Wien, Harald Sörös, sagte der österreichischen Nachrichtenagentur APA, sein Haus könne den "Bild"-Bericht vorerst nicht bestätigen.
Bei der Großfahndung in der Nacht waren hunderte Beamte im Einsatz. Die Sicherung wichtiger Gebäuden in Wien übernahm die Armee. Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, kündigte verstärkte Kontrollen an den österreichischen Grenzen an.
Innenminister Karl Nehammer appellierte an die Einwohner von Wien, zu Hause zu bleiben und die Innenstadt zu meiden. Kinder in der Hauptstadt wurden für Dienstag von der Schulpflicht entbunden.
"Wir werden uns durch Terrorismus niemals einschüchtern lassen und diese Angriffe mit allen Mitteln entschieden bekämpfen", betonte Kanzler Kurz. Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte: "Wir werden unsere Freiheit und Demokratie gemeinsam und entschlossen mit allen gebotenen Mitteln verteidigen."
Solidaritätsadressen für Österreich kamen aus ganz Europa. "Unsere Gedanken sind bei den Verletzten und Opfern in diesen schweren Stunden", erklärte das Auswärtige Amt in Berlin. Es fügte hinzu: "Wir dürfen nicht dem Hass weichen, der unsere Gesellschaften spalten soll." Das Ministerium rief deutsche Staatsbürger in Wien auf, an einem sicheren Ort zu bleiben, bis es Entwarnung gebe.
Die EU verurteilte den "feigen" Angriff. Ratspräsident Charles Michel erklärte im Onlinedienst Twitter, die Tat habe sich gegen "das Leben und unsere menschlichen Werte" gerichtet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen twitterte, Europa stehe "in voller Solidarität an Österreichs Seite".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hob hervor, dass "ein befreundetes Land" und "Europa" angegriffen worden seien. "Wir werden nicht zurückweichen", twitterte er. In Frankreich waren in den vergangenen Wochen zwei mutmaßlich islamistisch motivierte Anschläge bei Paris und in Nizza verübt worden, bei denen ein Lehrer und drei Kirchenbesucher getötet worden waren.
(B. Semjonow--BTZ)