
Athen beantragt Verhandlungen über "Reparationszahlungen"

Die griechische Regierung hat Deutschland offiziell zu Verhandlungen über Weltkriegs-Reparationszahlungen aufgefordert. Athen fordere Deutschland zu Verhandlungen auf, in denen die "offene Frage von Reparationen" zur Sprache kommen solle, teilte das griechische Außenministerium am Dienstagabend mit. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin wurde der Eingang der Verbalnote des Außenministeriums bestätigt. Diese werde geprüft, hieß es ohne nähere Angaben.
Ein Parlamentsausschuss in Athen bezifferte im vergangenen Jahr die Summe, die Deutschland Griechenland schulden soll, auf mindestens 270 Milliarden Euro. Diese Forderung soll Reparationen für Schäden und Plünderungen während des Ersten Weltkrieges sowie für Massaker und einen Zwangskredit während des Zweiten Weltkriegs abdecken.
Das griechische Parlament verabschiedete im April mit breiter Mehrheit eine Resolution, mit der die Zahlung der Reparationen gefordert wurde. Nach einer amtlichen griechischen Schätzung könnten zu den Reparationsforderungen des Staates weitere private Forderungen im Umfang von 107 Milliarden Euro kommen.
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras machte die Reparationsforderungen gegenüber Deutschland bereits 2015 zum Wahlkampfthema. In den vergangenen Jahren, als Tsipras mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) intensive Verhandlungen über die griechische Finanz- und über die Flüchtlingskrise führte, trat das Reparations-Thema in den Hintergrund.
Tsipras erlitt zuletzt bei den Europa- und bei Kommunalwahlen schwere Rückschläge. Für den 7. Juli sind in Griechenland vorgezogene Parlamentswahlen angesetzt. Tsipras linke Syriza-Partei muss laut Umfragen mit Stimmeneinbußen rechnen.
Merkel erkannte die historische Verantwortung Deutschlands für in Griechenland begangenes Unrecht während der Nazizeit bei einem Besuch im Januar an. Angesichts der Reparationsforderungen des griechischen Parlaments sagte Regierungssprecher Steffen Seibert jedoch Mitte April, in dieser Frage habe sich an der Haltung der Bundesregierung nichts geändert, sie betrachte das Thema als "juristisch wie politisch abschließend geregelt". Die Bundesregierung sieht die Forderung nach Entschädigungszahlungen durch ein Abkommen von 1960 und durch das Zwei-plus-Vier-Abkommen von 1990 als rechtlich abgeschlossen an.
(O. Joergensen--BTZ)