Scholz und Macron sprechen sich für enge Zusammenarbeit aus
Bei ihrem ersten Treffen seit dem Amtsantritt von Olaf Scholz haben sich der deutsche Bundeskanzler und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für eine enge Zusammenarbeit ausgesprochen. "Es geht darum, wie wir Europa stark machen können", sagte Scholz nach einem Arbeitsessen mit Macron am Freitag im Elysée-Palast. Dabei seien bereits zahlreiche konkrete Themen besprochen worden.
Scholz kam seinem Gastgeber entgegen, der sich am Vorabend für eine Lockerung der europäischen Haushaltsregeln während der französischen EU-Ratspräsidentschaft ausgesprochen hatte. "Wir haben uns darauf verpflichtet, dass wir die Flexibilität, die der Stabilitäts- und Wachstumspakt bietet, nutzen werden", sagte Scholz.
Macron erinnerte daran, dass Europa während der Pandemie gezeigt habe, dass es Regeln außer Kraft setzen könne. "Jetzt brauchen wir dieselbe Kapazität für die kommende Zeit", betonte Macron. Es seien massive Investitionen nötig, um die Souveränität Europas auszubauen.
Scholz betonte, dass Wachstum und "solide Finanzen" für ihn kein Widerspruch seien. "Es geht darum, dass wir das Wachstum, das wir mit dem Wiederaufbaufonds auf den Weg gebracht haben, auch weiterhin ermöglichen (...) und gleichzeitig für solide Finanzen sorgen", sagte er.
In der Corona-Krise hatte die EU die Regeln ausgesetzt, nach denen die Schulden höchstens 60 Prozent der Wirtschaftsleistung und eine jährliche Neuverschuldung maximal drei Prozent betragen sollen.
Scholz hatte den Stabilitätspakt zuletzt verteidigt und seine "Flexibilität" in der Corona-Krise gelobt. Frankreich hält ihn hingegen für "obsolet".
Die beiden Politiker sprachen sich mit Blick auf den Ukraine-Konflikt außerdem für eine Wiederbelebung der deutsch-französischen Vermittlungsbemühungen aus. "Es gibt gute Grundlagen, die wieder aktiviert werden müssen (...), zum Beispiel die Zusammenarbeit im Normandie-Format", sagte Scholz unter Bezugnahme auf die Beratungen, an denen Russland, die Ukraine, Frankreich und Deutschland teilnehmen. Russland hatte dieses Format zuletzt gemieden.
"Das Normandie-Format hat weiter seine Bedeutung", bekräftigte auch Macron. Es gebe eine gemeinsame Klarheit darüber, "dass die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa zu den Prinzipien gehört, die alle (...) akzeptieren müssen", betonte Scholz zudem.
Beide Politiker begrüßten die Initiative von US-Präsident Joe Biden, der am Dienstag mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gesprochen hatte. "Alle Initiativen ergänzen einander", sagte Macron, der seinerseits am Vormittag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert hatte.
Zuletzt hatten sich die Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt deutlich verschärft. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine gibt es Befürchtungen, Moskau könnte das Nachbarland angreifen.
Auf die Frage nach französischen Bemühungen, Atomkraft in die EU-Taxonomie für nachhaltige Geldanlagen aufzunehmen, antwortete Scholz ausweichend. "Es geht um die Bewertung von Unternehmen, um daraus Rückschlüsse zu ziehen, für mögliche Strategien von Finanzinvestoren", sagte er.
"Wir sollten das Thema da einordnen, wo es hingehört", fügte er hinzu. Jedes Land verfolge seine eigenen Plan im Kampf gegen den Klimawandel. "Wir setzen auf den Ausbau erneuerbarer Energien", sagte er. Macron äußerte sich nicht zu den Thema.
Scholz fuhr anschließend weiter nach Brüssel zu Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
(S. Soerensen--BTZ)