Erste Festnahmen in Havanna vor geplantem Großprotest der Opposition
Ungeachtet eines Demonstrationsverbots und massiver Polizeipräsenz hat die Opposition in Kuba an ihren Plänen für landesweite Proteste am Montag festgehalten. Die Oppositionsgruppe Archipiélago rief zu Protesten in der Hauptstadt Havanna und sechs weiteren Provinzen auf. Noch vor dem geplanten Beginn der Demonstrationen wurden mehrere prominente Oppositionelle festgenommen.
Bei den Protesten sollten die Freilassung politischer Gefangener, die Beachtung der Menschenrechte und demokratische Reformen gefordert werden. Archipiélago rief dazu auf, bei den Demonstrationen gegen die kommunistische Regierung weiße Kleidung zu tragen. Sollten die Versammlungen von den Sicherheitskräften unterbunden werden, sollten die Menschen weiße Betttücher von ihren Balkonen hängen.
Der Vize-Präsident des Rates für den demokratischen Übergang, Manuel Cuesta Morua, wurde in Havanna um 13.00 Uhr Ortszeit "von der Staatssicherheit festgenommen, als er das Haus verließ", wie seine Ehefrau Nairobi Scheri der Nachrichtenagentur AFP sagte.
Die Anführerin der Bewegung Frauen in Weiß, Berta Soler, und ihr Ehemann Ángel Moya, ein ehemaliger politischer Gefangener, wurden ebenfalls festgenommen, wie die Dissidentin Martha Beatriz Roque im Onlinedienst Twitter mitteilte. Ein weiteres Oppositionsmitglied, Guillermo Fariñas, ist bereits seit Freitag inhaftiert.
Die Polizei war mit einem massiven Aufgebot im Zentrum von Havanna präsent. An der berühmten Uferstraße Malecón am Karibischen Meer standen an jeder Ecke drei Polizisten. Beamte patrouillierten auch in Zivilkleidung auf Plätzen und in Parks.
Archipiélago hat nach eigenen Angaben 37.000 Mitglieder innerhalb und außerhalb Kubas. Der Gründer der Organisation, Yunior García, hatte bereits am Sonntag allein in Havanna demonstrieren wollen, war aber laut eigener Schilderung von Beamten am Verlassen seines Hauses gehindert worden. Der 39-jährige Dramaturg war von den Staatsmedien in den vergangenen Monaten als "Feind Nummer Eins" dargestellt worden.
US-Außenminister Anthony Blinken hatte am Sonntag an die kubanische Regierung appelliert, ihr Verbot der Demonstrationen aufzuheben. Proteste sind in Kuba äußerst selten. Zuletzt hatte es im Juli Demonstrationen in rund 40 Städten gegeben.
Es handelte sich damals um die größten regierungskritischen Veranstaltungen seit der von Fidel Castro angeführten Revolution von 1959. Die Menschen brachten ihren Unmut über die schlimmste Wirtschaftskrise seit 30 Jahren und die damit einhergehende Strom- und Lebensmittelknappheit zum Ausdruck. Die Demonstrationen wurden teils gewaltsam niedergeschlagen, ein Mensch wurde getötet. Mehr als 1200 Menschen wurden festgenommen, nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation Cubalex sitzen mehr als 650 von ihnen noch immer im Gefängnis.
(F. Dumont--BTZ)