Keine dauerhafte Sozialbindung von staatlich geförderten Wohnungen möglich
Wohnungsanbieter können nicht unbegrenzt verpflichtet werden, staatlich geförderte Sozialwohnungen verbilligt anzubieten. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied am Freitag, dass eine unbefristete Sozialbindung unwirksam ist. Dies gelte auch dann, wenn eine Kommune einem privaten Investor für den Bau von Sozialwohnungen kostengünstig Grundstücke überlassen habe. Allerdings kann dem Urteil zufolge eine Stadt private Bauherrn durchaus lange Zeit zur Vermietung von Sozialwohnungen verpflichten. (Az. V ZR 176/17)
Auslöser für die Entscheidung war ein Fall aus der Stadt Langenhagen bei Hannover. In den 90er Jahren verkaufte die Stadt Grundstücke, um dort Sozialwohnungen zu bauen. Die Kommune gewährte dabei auch ein zinsgünstiges Darlehen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Bauherrn, die Wohnungen verbilligt und nur an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen zu vermieten. Die an bestimmte Einkommensgrenzen gebundenen Bescheinigungen berechtigen dazu, eine Sozialwohnung mieten zu können.
Gegen die dauerhafte Sozialbindung klagte schließlich eine Wohnungsgenossenschaft als neue Grundstücksinhaberin, weil sie die Wohnungen nach 20 Jahren frei vermieten wollte. Vor dem Landgericht Hannover und dem Oberlandesgericht Celle blieb ihre Klage zunächst erfolglos. Der BGH hob diese Urteile aber nun auf und verwies den Fall zurück an das Oberlandesgericht.
In dem bei dem Verkauf gewählten dritten Förderweg sind laut BGH "zeitlich unbefristete Belegungsrechte" nicht vorgesehen. Der zuständige Zivilsenat hob dabei hervor, dass mit dem 1989 eingeführten Weg eine flexiblere Förderung des sozialen Wohnungsbaus ermöglicht werden sollte. Durch einen zeitlich begrenzten Eingriff in den Wohnungsmarkt sollten kürzere Bindungen ermöglicht werden, "um die Investitionsbereitschaft privater Bauherrn zu erhöhen". Grundsätzlich sei es im Subventionsrecht so, dass der Staat einem Subventionsempfänger "keine beliebigen Beschränkungen" auferlegen dürfe.
Allerdings fallen die bestehenden Belegungsrechte der Stadt für die Sozialwohnungen durch die Entscheidung der Bundesrichter nicht sofort weg. Entscheidend ist laut dem Urteil vielmehr, was die Vertragsparteien im Wissen über die Unwirksamkeit einer unbefristeten Sozialbindung vereinbart hätten. Wenn wie im konkreten Fall ein langfristiger, vergünstigter Kredit gewährt worden sei, bestünden die Belegungsrechte im Zweifel während der Laufzeit des Kredits, erklärte der BGH. Im konkreten Fall muss das Oberlandesgericht Celle jetzt entscheiden, wie lang die Verpflichtung der Wohnungsgenossenschaft gilt.
Die Vorsitzende Richterin des zuständigen BGH-Senats, Christina Stresemann, mahnte die Kommunen, wenn die öffentliche Hand dauerhafte Beschränkungen wolle, dürfe sie Grundstücke nicht verkaufen. Als Alternative verwies sie auf die Möglichkeit der Erbpacht.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte die Kommunen auf, im sozialen Wohnungsbau aktiv zu werden. Das Urteil zeige, dass die öffentliche Hand ihre Verantwortung für Sozialwohnungen nicht abstreifen könne. Die Kommunen müssten vor allem selber bauen oder Grundstücke auf Erbpacht vergeben, um die Kontrolle zu behalten. Sie bräuchten aber auch die Unterstützung von Bund und Ländern beim sozialen Wohnungsbau.
(W. Winogradow--BTZ)