
EU-Kommission sieht europäische Wirtschaft zurück auf Wachstumskurs

Die Wirtschaft in der Europäischen Union und der Eurozone erholt sich schneller als erwartet von ihrem Einbruch in der Corona-Krise. Die EU-Kommission in Brüssel hob in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Ausblick die Wachstumsprognose für die Eurozone für dieses Jahr auf 5,0 Prozent an, auch für die gesamte EU wird für 2021 ein Anstieg der Wirtschaftsleistung um 5,0 Prozent erwartet. Risiken bergen demnach aber der weitere Verlauf der Pandemie, Störungen der globalen Lieferketten und die Inflation.
"Die europäische Wirtschaft erholt sich kräftig von der Rezession", erklärte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis und verwies auf die Maßnahmen der Politik zur "Abfederung des Pandemieschocks" und zur "Beschleunigung der Impfungen in der gesamten EU". Nach Angaben der Brüsseler Behörde hat die EU-Wirtschaft im dritten Quartal wieder die Wirtschaftsleistung von vor der Pandemie erreicht und ist von der Erholung zum Wachstum übergegangen.
Im Juli hatte die Kommission noch einen Anstieg der Wirtschaftsleistung von 4,8 Prozent in diesem Jahr angenommen; für 2022 waren für EU und Eurozone je 4,5 Prozent erwartet worden. In ihrem aktuellen Ausblick geht sie für das kommende Jahr nun von jeweils 4,3 Prozent aus, also etwas weniger als im Sommer prognostiziert.
Für Unsicherheit bei den Entwicklungsaussichten sorgen einerseits die Pandemie und zudem der teils aus den Fugen geratene Welthandel und höhere Preise. Das Virus sei "noch nicht vollständig im Griff", erklärte Dombrovskis. "Nicht zuletzt müssen wir die Engpässe in den Lieferketten sowie die steigenden Energiepreise angehen, von denen viele Haushalte und Unternehmen in ganz Europa betroffen sein werden", fügte er hinzu.
Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verwies ebenfalls auf die steigende Inflation, die vor allem vom "sprunghaften Anstieg der Energiepreise" verursacht werde, und auf die Störungen in den Lieferketten, die für zahlreiche Branchen ein ernstes Problem seien. "Wir müssen wachsam bleiben und bei Bedarf eingreifen, um sicherzustellen, dass uns dieser Gegenwind nicht von unserem auf die Erholung gerichteten Kurs abtreibt", erklärte er.
Bei den Verbraucherpreisen erwartet die Brüsseler Kommission derzeit, dass die Inflation in der Eurozone nach einem Hoch von 2,4 Prozent in diesem Jahr wieder sinken wird. Für kommendes Jahr rechnet die Behörde mit einer Inflation von 2,2 Prozent, für 2023 dann mit 1,4 Prozent.
Ebenso wie die Europäische Zentralbank (EZB) geht die Kommission also davon aus, dass der Anstieg der Inflation vorübergehend sein wird. Allerdings könne die Inflation auch höher ausfallen als in der Prognose angenommen, falls die Lieferengpässe länger anhalten sollten, fügte die Kommission hinzu - und sich Lohnsteigerungen, die über dem Produktivitätswachstum liegen, "auf die Verbraucherpreise durchschlagen".
Eine Rolle spielt hierbei der Arbeitsmarkt: Insgesamt hätten sich die Bedingungen hier zuletzt "deutlich verbessert", erklärte die Kommission und hob hervor, dass allein im zweiten Quartal in der EU rund 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen worden seien. Vor allem in den am stärksten wachsenden Sektoren bilde sich jedoch ein "Arbeitskräftemangel" heraus, der je länger er andauere, eine wachsende Gefahr darstelle, "dass er die Wirtschaftstätigkeit belastet und durch Lohnauftrieb die Inflation begünstigt".
Das höchste Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) innerhalb der Eurozone wird von der Kommission für 2021 für Irland mit einem Plus von 14,6 Prozent erwartet, dahinter folgt Estland mit 9,0 Prozent. Für Frankreich werden 6,5 Prozent BIP-Wachstum in diesem Jahr erwartet, für Italien 6,2 Prozent und für Spanien 4,6 Prozent.
Für Deutschland geht die EU-Kommission für 2021 von einem Wirtschaftswachstum von lediglich 2,7 Prozent aus. Diesen Wert hatten am Mittwoch in Berlin auch die sogenannten Wirtschaftsweisen prognostiziert. Für 2022 wird ein BIP-Anstieg um 4,6 Prozent erwartet.
(P. Hansen--BTZ)