Chef von Mindestlohnkommission warnt vor rascher Anhebung
Der Vorsitzende der Mindestlohnkommission, Jan Zilius, hat vor einer raschen Anhebung der Lohnuntergrenze gewarnt. Den gesetzlichen Mindestlohn von heute auf morgen auf zwölf Euro anzuheben, "wäre höchst problematisch", weil damit geltende Tarifverträge übertroffen würden, sagte Zilius der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe).
Es käme in einem solchen Fall zu einer "Überholung von laufenden Tarifverträgen" in einem Umfang, der "mit unserer im Grundgesetz vereinbarten Tarifautonomie nicht mehr viel zu tun hätte", argumentierte der Experte. "Anders ausgedrückt: Wir würden mit einer zu schnellen Erhöhung auf zwölf Euro die Tarifverhandlungen für untere Lohngruppen obsolet machen."
Der politische Druck, die Lohnuntergrenze schneller zu erhöhen, habe spürbar zugenommen, räumte Zilius ein. Es sei "sicher in den letzten Jahren politisch noch mehr Druck in den Kessel gekommen". Trotzdem sei die Kommission weiter unabhängig. Als Kommissionsvorsitzender müsse er die Ruhe haben, "die politische Diskussion gelassen hinzunehmen".
Die Mindestlohnkommission hatte Anfang Juli eine Anhebung in vier Schritten auf 10,45 Euro pro Stunde bis zum Jahr 2022 beschlossen. SPD-Chefin Saskia Esken kritisierte dies als zu gering. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will im Herbst "Vorschläge für eine Weiterentwicklung des Mindestlohns" vorlegen.
(D. Meier--BTZ)