Mandatsobergrenze in Afghanistan wird auf 1300 Bundeswehrsoldaten erhöht
Angesicht der verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan will die Bundesregierung die Mandatsobergrenze für die Bundeswehr auf 1300 Soldaten erhöhen. Die Sicherheitslage sei "mehr als schwierig", sagte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), der sich für eine Aufstockung stark machte, am Dienstag in Berlin. In ihrem Perspektivbericht zu Afghanistan, der am Mittwoch im Kabinett beraten wird, zeichnet die Bundesregierung einem ARD-Bericht zufolge ein düsteres Bild.
Gabriel verwies auf die Ausbildungsmission der Bundeswehr für afghanische Sicherheitskräfte, bei der die Sicherheit der deutschen Soldaten immer gewährleistet sein müsse. Wenn die Bundeswehr nicht mehr nur auf der afghanischen Führungsebene ausbilde, sondern auch darunter, "brauchen wir mehr Kräfte, um die Sicherheit unserer eigenen Soldaten zu gewährleisten", sagte der Außenminister.
Die Bundesregierung will die Obergrenze der Bundeswehrsoldaten am Hindukusch von 980 auf 1300 erhöhen, wie aus einem gemeinsamen Schreiben von Gabriel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an die Bundestagsfraktionen hervorgeht, das BERLINER TAGESZEITUNG vorliegt. Ferner werde die Bundeswehr neben Kabul, Bagram und Masar-i-Scharif künftig auch durchgängig in Kundus ausbilden, beraten und unterstützen. Bislang berät die Bundeswehr in Kundus nur in Einzelfällen und zeitlich begrenzt.
Vorgesehen ist zudem, dass die Bundeswehr in Zukunft "in besonderen Not- und Gefährdungslagen" die Sicherung und den Schutz deutscher Auslandsvertretungen in Afghanistan übernimmt. Dies sei aber explizit auf solche besonderen Situationen begrenzt, schreiben Gabriel und von der Leyen. Eine dauerhafte Übernahme des Schutzes durch die Bundeswehr sei nicht vorgesehen.
Laut dem Perspektivbericht, der am Mittwoch im Kabinett beraten wird, hat sich die Bedrohungslage generell und auch im Verantwortungsbereich der Bundeswehr im Norden Afghanistans verschärft. Derzeit könne die Bundeswehr gerade einmal die Hälfte der vereinbarten Ausbildungsverpflichtungen erfüllen, weil der Schutz der Ausbilder nicht mehr gewährleistet werden könne, konnte BERLINER TAGESZEITUNG dazu erfahren.
Bereits bei ihrem Afghanistan-Besuch im Dezember hatte von der Leyen kritisiert, dass die Bundeswehr zwar genügend Ausbilder habe und "mehr ausbilden und beraten" könne, es aber an Schutzkräften fehle.
Allgemein sei die Lage in Afghanistan geprägt durch "unzureichende Effektivität der staatlichen Verwaltung und Sicherheitskräfte, verstärkte Angriffe der Taliban sowie von IS-Gruppen, Korruption, Armut und Arbeitslosigkeit, Flucht und Migration", heißt es nach Informationen in dem Perspektivbericht. Dieser gehe ausführlich auch auf das Thema Flucht und Migration ein. Allein in den Nachbarstaaten Pakistan und Iran leben derzeit bis zu 5,5 Millionen Flüchtlinge. In Deutschland sind mehr als 250.000 afghanische Staatsangehörige, wobei die Zahl der Asylanträge im vergangenen Jahr drastisch gesunken ist. Die Anerkennungsquote in Asylverfahren liegt derzeit bei 44 Prozent.
Angesichts der Sicherheitslage würden derzeit "nur Straftäter, Gefährder sowie Personen, die sich hartnäckig der Identitätsfeststellung verweigern, nach Afghanistan zurückgeführt", zitiert die ARD aus dem Bericht. 2017 seien dies 121 Menschen gewesen.
Das Mandat im Rahmen der Nato-Mission "Resolute Support" gilt für das gesamte Landesgebiet und soll bis zum 31. März 2019 verlängert werden - vorausgesetzt, der Bundestag stimmt dem zu.
Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch lehnte eine Truppenaufstockung ab. Das sei der "völlig falsche Weg", sagte er am Dienstag in Berlin. Im Gegenteil müssten möglichst schnell alle Soldaten abgezogen werden.
(F. Schulze--BTZ)