Berliner Tageszeitung - Forderungen nach Auschluss von Ungarn aus der Europäischen Volkspartei mehren sich

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Forderungen nach Auschluss von Ungarn aus der Europäischen Volkspartei mehren sich




Forderungen nach Auschluss von Ungarn aus der Europäischen Volkspartei mehren sich

Angesichts der zunehmend EU-feindlichen Äußerungen der rechtsnationalen Regierung in Ungarn mehren sich die Forderungen, die Regierungspartei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban aus der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament auszuschließen. "Die jüngsten diffamierenden Ausfälle" gegen die EU und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seien "einer europäischen Regierungspartei absolut unwürdig", sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock der "Rheinischen Post" vom Freitag.

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Der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten für die Europawahl, Frans Timmermans, warf seinem EVP-Kontrahenten Manfred Weber (CSU) Zögerlichkeit im Umgang mit Orban vor. Die Idee, Orban ließe sich innerhalb der EVP einhegen, werde nicht funktionieren, sagte Timmermanns dem "Spiegel". "Ich will die EVP und Herrn Weber warnen: Sie könnten sich anstecken."

Grünen-Chefin Baerbock sagte, sie frage sich "was eigentlich noch passieren muss, bevor Manfred Weber seinen Parteifreund Viktor Orbán endlich in die Schranken weist und die Fidesz-Partei aus der EVP ausschließt". Die jüngste antieuropäische Plakat-Kampagne der ungarischen Regierung sei auch ein Angriff auf den politischen Grundkonsens in Europa, weil sie die EU als solche angreife und als Lügengebilde darstelle.

Ungarns Regierung macht seit Tagen mit einer Medienkampagne Stimmung gegen Juncker und den US-Milliardär George Soros, die sie der Förderung illegaler Einwanderung bezichtigt. Mit Steuergeldern finanzierte Plakate zeigen Soros und Juncker mit dem Slogan "Auch du hast das Recht zu wissen, was Brüssel vorbereitet!" Juncker hatte daraufhin den Ausschluss der Fidesz-Partei aus der EVP gefordert.

EVP-Spitzenkandidat Weber bezeichnete Orbans Plakat-Kampagne in der "Süddeutschen Zeitung" als "inakzeptabel". In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" äußerte er sich am Donnerstagabend allerdings nicht konkret zu einem möglichen Ausschluss der Fidesz-Partei aus der EVP. Weber sagte lediglich, bei der Frage der Grundrechte in Europa gebe es "keinen Verhandlungsrabatt" für Orban.

Aus EVP-Fraktionskreisen hieß es, die "kritische Masse von sieben Mitgliedsparteien" für den Ausschlussantrag sei wohl im Prinzip erreicht. Parteien aus Skandinavien, den Benelux-Staaten und auch Polen seien dafür. Offiziell habe aber noch keine Mitgliedspartei einen Antrag gestellt. Dafür wären sieben Parteien aus fünf Mitgliedstaaten nötig.

In der Auseinandersetzung mit Orban sei nun "eine neue Eskalationsstufe erreicht", sagte ein EVP-Vertreter. Weber müsse nun erkennen, dass es "auch um seine Person geht" und um seine Chancen, nach der Europawahl vom EU-Parlament zum Kommissionspräsidenten gewählt zu werden.

Denn dazu brauche die EVP die Unterstützung von "drei, vermutlich auch vier Fraktionen". Angesichts der massiven Kritik von Liberalen und Grünen an Orbans Verbleib in der EVP würde das schwierig. Bleibe Fidesz in der Partei, könnten sich womöglich andere Allianzen bilden und Weber leer ausgehen.

Orban erneuerte derweil seine Vorwürfe gegen die EU. "Die Brüsseler Bürokraten wollen allesamt die Einwanderung verstärken", und seine Plakatkampagne entlarve dies, sagte er am Freitag dem Radiosender Kossuth. Er begrüße die Diskussion um einen EVP-Ausschluss seiner Partei, weil dies die Debatte um die europäische Flüchtlingspolitik befördere.

(L. Solowjow--BTZ)