Trotz Kompromisssignalen weiter Differenzen in der Koalition bei der Grundrente
In der Debatte über die Grundrente gibt es zwar Kompromisssignale, im zentralen Streitpunkt einer Bedürfigkeitsprüfung bleiben die Differenzen zwischen Union und SPD jedoch bestehen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bekräftigte seine Forderung, auf eine solche Prüfung zu verzichten. Vorwürfe, er plane eine Förderung nach dem "Gießkannenprinzip", wies Heil zurück.
"Die Grundrente wird kommen", sagte Heil der "Welt am Sonntag". "In der Rentenversicherung geht es um durch Arbeit und Leistung erworbene Ansprüche. Sie kennt daher keine Bedürftigkeitsprüfung", hob er weiter hervor. Heil wies darauf hin, dass eine faire Belastung von gut verdienenden Ehepartnern oder eine Berücksichtigung zusätzlicher Kapital- oder Mieteinnahmen möglicher Grundrente-Empfänger über deren Besteuerung erfolge, "so dass von einem Gießkannenprinzip nicht die Rede sein kann".
"Es geht bei der Grundrente um diejenigen, die lange Jahre gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben", sagte Heil weiter. "Deren Lebensleistung erkennen wir an." Dazu gehöre auch, "dass sie nicht zuerst ihre geringen Ersparnisse aufbrauchen müssen oder gar Sorge um ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung haben müssen, bevor der Staat ihnen unter die Arme greift", betonte der Minister. Genau dies wäre aber bei einer Bedürftigkeitsprüfung der Fall.
Heil will stattdessen 35 Jahre Beitragszahlung zur Voraussetzung für die Grundrente machen. Er räumte ein, dass das Vorhaben "ein erheblicher finanzieller Kraftakt" sei, "aber der sollte es unserer Gesellschaft wert sein".
Unterstützung signalisierte auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Er deutete in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" an, zur Finanzierung von Mehrausgaben in der Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik könnten andere Posten im Haushalt in Frage gestellt werden. Dann "können wir auch neue Sachen wagen, die uns wichtig sind", sagte Scholz. Auch er äußerte sich zuversichtlich mit Blick auf eine Einigung mit der Union.
Deren Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte im Deutschlandfunk, grundsätzlich sei die Grundrente ein gemeinsames Ziel, "insofern denke ich mal, gibt es eine gemeinsame Basis". Der CDU-Politiker pochte allerdings auf der Bedürftigkeitsprüfung für Leistungsempfänger - so wie dies auch der Koalitionsvertrag vorsehe. Insofern gebe es mit der SPD weiter Gesprächsbedarf.
Brinkhaus nannte allerdings auch mögliche Kompromisslinien: "Wir haben definiert, dass wir Menschen im Alter, bevor sie Leistungen bekommen, eben nicht ihr Häuschen wegnehmen wollen, sondern dass wir das respektieren, dass sich Menschen dann auch ein Vermögen angesammelt haben." Die Union wolle lediglich nicht die Grundrente "mit der Gießkanne" verteilen.
"Die Koalition sollte Abstand von einer Grundrente nehmen, wenn die Bedürftigkeit gar nicht geprüft werden soll", sagte auch Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. Er argumentierte, es könne nicht sein, dass jemand, "der zum Beispiel eine Erbschaft gemacht hat oder dessen Ehepartner gut versorgt ist, die Grundrente der Solidargemeinschaft bekommen soll".
Die Grundrente ist für Menschen mit vielen Rentenbeitragsjahren gedacht, die als Geringverdiener trotzdem nur niedrige Rentenansprüche haben. Sie soll deutlich über der bisherigen Grundsicherung im Alter liegen.
(A. Bogdanow--BTZ)