Ungarische Wissenschaftler fürchten um ältestes und größtes Institut MTA
Tausende Ungarn haben am Dienstag ihre Solidarität mit der angesehenen Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA) demonstriert. Rund 2000 Menschen hielten Bücher in die Höhe und bildeten eine Menschenkette um das Gebäude der MTA in Budapest. Damit appellierten sie an die Leitung des Instituts, sich den Plänen der Regierung zu widersetzen. Diese will MTA-Fördergelder umwidmen.
Die 1825 gegründete Akademie ist das älteste und größte wissenschaftliche Institut des Landes. Die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban sieht darin jedoch ein ineffizientes Relikt aus kommunistischen Zeiten. Kurz nach dem Beginn von Orbans dritter Amtszeit im vergangenen April war ein neues Innovationsministerium gegründet worden, das ankündigte, dem MTA Finanzmittel zu entziehen, um damit innovativere Projekten zu fördern.
Die Pläne der Regierung lösten unter ungarischen Wissenschaftlern Besorgnis aus. Sie befürchten, dass das MTA wegen seiner Kritik an der Regierungspolitik ins Visier genommen wurde, und dass tausende Arbeitsplätze in Gefahr sein könnten. Das MTA beschäftigt landesweit rund 5000 Mitarbeiter, unter ihnen 3000 Wissenschaftler, die zu zahlreichen Themen forschen, darunter Philosophie, Musik, Weltraum und Viehzucht. Einige Fördergelder wurden bereits gekürzt, so dass Labore vorübergehend schließen mussten.
Kritiker werfen Orban vor, seit seinem Amtsantritt 2010 die Unabhängigkeit wichtiger Institutionen des Landes geschwächt zu haben, darunter die Justiz und die Medien.
Die von dem ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros gegründete Central European University (CEU) hatte im Dezember angekündigt, einen Großteil ihres Lehrbetriebs von Budapest nach Wien zu verlegen. Zuvor hatte die ungarische Regierung monatelang massiv Stimmung gegen Soros gemacht.
(U. Schmidt--BTZ)