![Deutschland scheut Rückführung von in Syrien inhaftierten Dschihadisten](https://www.berlinertageszeitung.de/media/shared.btz/images/img-auto/Deutschland-scheut-R--ckf--hrung-vo-2019-02-05.jpg)
Deutschland scheut Rückführung von in Syrien inhaftierten Dschihadisten
![Deutschland scheut Rückführung von in Syrien inhaftierten Dschihadisten](https://www.berlinertageszeitung.de/media/shared.btz/images/img-auto/Deutschland-scheut-R--ckf--hrung-vo-2019-02-05.jpg)
Die Bundesregierung reagiert zurückhaltend auf die Forderung der USA, in Syrien festgenommene Dschihadisten mit deutscher Staatsbürgerschaft zurückzuholen. "Das Auswärtige Amt hat zwar Kenntnis von Fällen deutscher Staatsangehöriger, die sich in Nord-Syrien in Gewahrsam befinden sollen, eigene Erkenntnisse liegen dem Auswärtigen Amt dazu aber nicht vor", hieß es am Dienstag aus dem deutschen Außenministerium zu der Forderung der USA.
Dabei geht es um ausländische Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS), die in Gefängnissen der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) sitzen. Die kurdisch-arabische Miliz warnt, dass sie nach dem von US-Präsident Donald Trump angekündigten Abzug der US-Truppen ihre Haftanstalten nicht mehr sichern können.
Die US-Regierung sieht daher die Herkunftsstaaten der ausländischen IS-Kämpfer in der Pflicht, sich des Problems anzunehmen. "Die Vereinigten Staaten rufen andere Länder auf, ihre von den SDF festgenommenen Staatsangehörigen zurückzuführen und strafrechtlich zu verfolgen", erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Robert Palladino, am Montag. Er lobte die Bemühungen der SDF, die ausländischen Gotteskrieger in ihre Heimatländer zurückzuschicken.
In den vergangenen Jahren wurden hunderte ausländische Dschihadisten von den SDF-Einheiten gefangen genommen. Die kurdisch-arabischen Kämpfer wollen ihnen nicht selbst den Prozess machen. In US-Regierungskreisen wird die Befürchtung geäußert, dass die IS-Dschihadisten sich nach einer möglichen Befreiung in andere Länder absetzen, um von dort ihren Kampf fortzusetzen.
Die meisten Länder, darunter auch Deutschland, haben bisher aber keine Anstalten gemacht, die Dschihadisten zurückzuholen. Dabei wird auch auf die unübersichtliche Lage in dem Bürgerkriegsland verwiesen. "In Syrien ist eine konsularische Betreuung nach Schließung der Botschaft Damaskus weiterhin faktisch nicht möglich", hieß es am Dienstag aus dem Auswärtigen Amt.
Wie wenig Informationen über die Vorgänge in dem Bürgerkriegsland in Berlin offenbar vorliegen, zeigte Ende vergangener Woche der Fall des deutschen Dschihadisten Martin Lemke: Während seine beiden deutschen Frauen nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ) berichteten, der 28-Jährige sei von den SDF-Truppen gefangen genommen worden, teilte das Auswärtige Amt mit, es habe keine eigenen Erkenntnisse über die Aktivitäten Lemkes oder seine Festnahme.
Frankreich beharrte lange darauf, dass Dschihadisten mit französischem Pass in Syrien der Prozess gemacht wird. Die mit dem angekündigten US-Abzug verbundene Befürchtung einer sich verschlechternden Sicherheitslage führte aber zu einem Umdenken.
Das französische Außenministerium erklärte, ein Entkommen "dieser möglicherweise gefährlichen Personen" solle verhindert werden. Aus französischen Sicherheitskreisen erfuhr BTZ, dass in Paris über die Rückführung von 130 Staatsbürgern nachgedacht wird, darunter 70 bis 80 Kinder, die mit ihren Müttern festgehalten werden.
Von einem solchen Schritt ist die Bundesregierung offenbar weit entfernt. "Für Syrien besteht seit langem eine Reisewarnung", wurde aus dem Auswärtigen Amt betont. "Unabhängig davon prüft die Bundesregierung mögliche Optionen, um deutschen Staatsangehörigen, insbesondere in humanitären Fällen, eine Ausreise aus Syrien zu ermöglichen."
Trump hatte kurz vor Weihnachten überraschend angekündigt, die US-Truppen aus Syrien abzuziehen, da die IS-Miliz besiegt sei, relativierte dies aber inzwischen wieder. Es wird befürchtet, dass der IS nach einem Abzug der rund 2000 US-Soldaten wieder erstarkt. Am Mittwoch beraten die Außenminister zahlreicher Staaten auf einer Anti-IS-Konferenz über das weitere Vorgehen.
(M. Taylor--BTZ)