Berliner Tageszeitung - Deutschland: Kritik an Hartz-IV-Sanktionen für junge Menschen

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Deutschland: Kritik an Hartz-IV-Sanktionen für junge Menschen




Deutschland: Kritik an Hartz-IV-Sanktionen für junge Menschen

Die harten Sanktionen gegen junge Hartz-IV-Empfänger geraten zunehmend in die Kritik. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles stellte diese Regelungen infrage und rief damit Widerspruch des Koalitionspartners hervor. Die Linken nannten die Lockerung der Sanktionen für Menschen unter 25 "überfällig, aber nicht ausreichend".

Nahles sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ) vom Donnerstag: "Verschärfte Sanktionen für junge Menschen sind keinesfalls sinnvoll." Zugleich wandte sie sich gegen eine generelle Abschaffung der Sanktionen. Wer Steuern und Abgaben entrichte, könne vom Staat verlangen, dass dieser genau hinschaue, wie damit umgegangen werde.

Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) lehnte Änderungen an der Sanktionspraxis ab. "Wer die Solidarität der Gemeinschaft zur Sicherung seiner Lebenshaltungskosten in Anspruch nimmt, für den gibt es auch die Verpflichtung zur Mitwirkung", sagte Gröhe nach BTZ-Information. Mitwirkungspflichten ohne Sanktionen machten keinen Sinn. Auch der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, sprach sich gegen dagegen aus, die bestehenden Regeln zu ändern.

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Die Sanktionen seien grundrechtswidrig, egal welches Alter die Betroffenen haben, kritisierte Linken-Chefin Katja Kipping. Junge Leute bräuchten statt Strafen eine Perspektive, zum Beispiel in Form einer Ausbildungsgarantie.

Zuvor hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigt, er werde mit Blick auf die Grundsicherung prüfen, "welche Sanktionen noch sinnvoll sind". Nach geltender Rechtslage können die Bezüge gekürzt werden, wenn die Betroffenen ihre Mitwirkungspflichten nicht erfüllen, sich etwa nicht um einen neuen Job bemühen.

Der Sozialverband Deutschland begrüßte die Ankündigung Heils, Hartz IV auf den Prüfstand stellen zu wollen. "Denn die aktuellen Regelungen wirken folgenschwer auf Millionen Betroffene", sagte Verbandspräsident Adolf Bauer. Die bisher geltenden Sanktionen gehörten abgemildert.
Besonders hart sind dabei die Regelungen für junge Menschen unter 25: Bei ihnen sieht das Gesetz bei bestimmten Regelverstößen bereits beim ersten Mal eine hundertprozentige Kürzung der Regelleistung vor. Kommt innerhalb eines Jahres ein weiterer Pflichtverstoß dazu, können auch die Zahlungen für die Miete gekürzt werden. Dazu hatte auch Heil gesagt, er halte härtere Regeln für Jüngere nicht für sinnvoll.

"Unter-25-Jährige mit Druck und Zwang erziehen zu wollen, hat sich als Sackgasse erwiesen", erklärte der Grünen-Sozialexperte Sven Lehmann. "Stattdessen braucht es eine enge Begleitung und verlässliche Ansprechpersonen von Seiten der Jobcenter, damit jugendliche Arbeitssuchende ermutigt und bestärkt werden ihr Leben eigenständig führen zu können."

Auch der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, hatte sich kritisch zu den Sanktionen bei jungen Menschen geäußert. Zugleich teilte seine Behörde mit, dass es 2017 bei den Sanktionen insgesamt einen leichten Anstieg gab. Beim Gros der Fälle ging es darum, dass Hartz-IV-Empfänger ihren Termin bei der BA nicht wahrnahmen.

(F. Burkhard--BTZ)