Berliner Tageszeitung - Kanzler Scholz zu Antrittsbesuch in Polen eingetroffen

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Kanzler Scholz zu Antrittsbesuch in Polen eingetroffen




Kanzler Scholz zu Antrittsbesuch in Polen eingetroffen
Kanzler Scholz zu Antrittsbesuch in Polen eingetroffen / Foto: © AFP

Vier Tage nach seinem Amtsantritt ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu seinem Antrittsbesuch in Polen eingetroffen. Scholz landete am späten Nachmittag in Warschau, wo der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ihn mit militärischen Ehren empfangen wollte. Danach war ein Gespräch der beiden Regierungschefs geplant, an das sich eine gemeinsame Pressekonferenz anschließen sollte.

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Vor seiner Abreise sprach Scholz in der ARD von einem "Freundschaftsbesuch bei einer befreundeten Nation". Zwar gebe es im Verhältnis zu Polen "Fragen, die unterschiedlich bewertet werden" - etwa zum Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Polen. Darüber werde auf EU-Ebene der Dialog fortgeführt. Der EU gehe es darum, "dass ihre Prinzipien überall in Europa Geltung haben", sagte Scholz.

Die Justizreformen der rechtsnationalistischen polnischen Regierung sorgen seit Jahren für Streit zwischen Polen und der EU. Die EU-Kommission vertritt die Auffassung, dass die polnische Regierung mit der Reform des Justizsystems gegen die gemeinsamen Werte verstößt. Hohe europäische Gerichte sehen in den Reformen eine Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit und eine Verletzung von EU-Recht. Die EU-Kommission hat deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet.

Auch auf bilateraler deutsch-polnischer Ebene gibt es Konfliktfelder. So fordert Polen von der Bundesregierung, die Inbetriebnahme der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream II zu stoppen. Polen fühlt sich durch dieses Projekt umgangen.

Zudem will die polnische Regierung, dass Deutschland in Gespräche mit Polen über eine Wiedergutmachung für Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg eintritt. Die Bundesregierung sieht aber keine rechtliche Grundlage für Nachforderungen aus Polen.

Wichtiges Thema bei dem Treffen von Scholz und Morawiecki dürfte auch die Lage an der Grenze zwischen Polen und Belarus sein. Seit mehreren Wochen versuchen Migranten, von Belarus aus über die Grenze nach Polen - und damit auf EU-Gebiet - zu gelangen.

Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, diese Menschen gezielt durch sein Land zu schleusen, um damit die EU zu destabilisieren. Polen hat über einen drei Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze den Ausnahmezustand verhängt. Hilfsorganisationen dürfen nicht hinein.

Nach seinen politischen Gesprächen wollte Scholz am Abend einen Kranz am Grab des Unbekannten Soldaten niederlegen, ehe er nach Berlin zurückfliegt. Die erste Auslandsreise hatte den neuen Kanzler - der Tradition entsprechend - am Donnerstag nach Paris geführt. Am selben Tag hatte er dann auch der EU und der Nato in Brüssel einen Besuch abgestattet.

Die von Scholz geführte Ampel-Regierung hat das Verhältnis zu Polen auch in ihrem Koalitionsvertrag thematisiert. "Deutschland und Polen verbindet eine tiefe Freundschaft", heißt es darin. Die neue Regierung wolle die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Akteure stärken und die Zusammenarbeit im Grenzraum verbessern.

Die Koalition legte auch ein Bekenntnis zur europäischen Rechtsstaatlichkeit ab: "Wir setzen uns für eine EU ein, die ihre Werte und ihre Rechtsstaatlichkeit nach innen wie außen schützt und entschlossen für sie eintritt", heißt es in dem Koalitionsvertrag.

(K. Berger--BTZ)