Berliner Tageszeitung - Prozess gegen Saakaschwili wegen Machtmissbrauchs in Tiflis

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Prozess gegen Saakaschwili wegen Machtmissbrauchs in Tiflis




Prozess gegen Saakaschwili wegen Machtmissbrauchs in Tiflis
Prozess gegen Saakaschwili wegen Machtmissbrauchs in Tiflis / Foto: © AFP

Begleitet von Protesten seiner Anhänger hat der Prozess gegen Georgiens inhaftierten Oppositionsführer und Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili wegen Machtmissbrauchs begonnen. In einem leidenschaftlichen Plädoyer wies Saakaschwili am Montag alle Vorwürfe als politisch motiviert zurück und klagte seinerseits über Misshandlungen im Gefängnis. Es war der erste öffentliche Auftritt des 53-Jährigen seit seit seiner Festnahme kurz nach seiner Rückkehr in seine Heimat Anfang Oktober.

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Bei seinem Auftritt wirkte Saakaschwili blass und dünn. Er hatte erst vor gut einer Woche einen rund siebenwöchigen Hungerstreik beendet, mit dem er gegen seine Inhaftierung und Strafverfolgung protestierte. "Jeder weiß, dass ich nicht im Gefängnis sein sollte, denn alle Anschuldigungen gegen mich sind erfunden und politisch motiviert", sagte er nun vor dem Gericht in Tiflis. Auf Englisch berichtete er dann weiter, er sei in Untersuchungshaft "gefoltert, unmenschlich behandelt, verprügelt und gedemütigt" worden.

Saakaschwili war nach der von ihm angeführten unblutigen Rosenrevolution von 2004 bis 2013 Präsident Georgiens. In der Zeit setzte der pro-westliche Politiker tiefgreifende Wirtschaftsreformen durch. Seine georgische Staatsangehörigkeit wurde ihm 2015 wegen des Vorwurfs des Machtmissbrauchs entzogen, 2018 wurde er in Abwesenheit zu sechs Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs verurteilt.

Vor Gericht räumte er ein, während seiner Präsidentschaft "zahlreiche Fehler" gemacht zu haben. Insbesondere bedauere er es, keine unabhängige Justiz aufgebaut zu haben. Dafür entschuldige er sich bei allen, die darunter gelitten hätten.

Insgesamt erwarten Saakaschwili drei Verfahren wegen Machtmissbrauchs. Der jetzige Prozess betrifft seine Rolle bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten der Opposition im Jahr 2007. Damals räumte Saakaschwili übermäßige Polizeigewalt ein, trat zurück und setzte vorgezogene Neuwahlen an, aus denen er erneut als Gewinner hervorging. Am Montag betonte er jedoch vor Gericht, er habe keine Anweisungen zu dem Polizeieinsatz gegeben.

Vor dem Gericht hatten sich aus Protest gegen den Prozess rund tausend Anhänger des Oppositionsführers versammelt. Die Polizei nahm Dutzende von ihnen fest, als sie den Verkehr in einer nahegelegenen Straße blockierten.

Die georgischen Behörden hatten Saakaschwili zunächst die Teilnahme an seinem Prozess untersagt. Nach einer Mahnung des US-Außenministeriums, das Recht des ehemaligen Staatschefs auf ein faires Verfahren zu respektieren, nahmen sie die Entscheidung wieder zurück.

Der georgische Regierungschef Irakli Garibaschwili hatte im Vorfeld des Prozesses mit der Äußerung zu Saakasschwilis Hungerstreik für Empörung gesorgt, der Ex-Präsident habe "das Recht, Suizid zu begehen". Außerdem sagte der Ministerpräsident, die georgischen Behörden seien gezwungen gewesen, Saakaschwili festzunehmen, weil dieser sich geweigert habe, aus der Politik auszusteigen.

(L. Solowjow--BTZ)