Berliner Tageszeitung - Erneut tausende Teilnehmer bei Massenprotesten gegen Putsch im Sudan

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Erneut tausende Teilnehmer bei Massenprotesten gegen Putsch im Sudan




Erneut tausende Teilnehmer bei Massenprotesten gegen Putsch im Sudan
Erneut tausende Teilnehmer bei Massenprotesten gegen Putsch im Sudan / Foto: © AFP

Knapp drei Wochen nach dem Militärputsch im Sudan haben erneut tausende Menschen im ganzen Land gegen das drohende Ende der demokratischen Reformen protestiert. In der Hauptstadt Khartum und der angrenzenden Stadt Omdurman gingen Soldaten und Polizisten am Samstag gewaltsam gegen die Proteste vor. Mindestens ein Demonstrant wurde nach Angaben von Ärzten erschossen.

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Bereits seit den frühen Morgenstunden patrouillierte ein Großaufgebot an Soldaten, Polizisten und Paramilitärs in den Straßen von Khartum. Alle Verbindungsbrücken zu Omdurman und anderen Vororten wurden gesperrt. Gewerkschaften und pro-demokratische Gruppierungen berichteten von ersten Festnahmen.

Später versuchten die Sicherheitskräfte, die Demonstranten mit Tränengas auseinanderzutreiben, wie Augenzeugen und ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Einer pro-demokratischen Ärzteorganisation zufolge setzten sie in Omdurman auch scharfe Munition ein. Dabei seien ein Demonstrant getötet und mehrere weitere verletzt worden.

Weitere Proteste wurden aus der südlich gelegenen Stadt Wad Madani, aus Port Sudan am Roten Meer und dem östlichen Bundesstaat Kassala gemeldet. Zu den Kundgebungen hatten pro-demokratische Aktivisten per SMS aufgerufen, da das Internet seit drei Wochen gekappt ist. Eine Rückkehr des nordostafrikanischen Staates zu einer neuen "Militärdiktatur" müsse verhindert werden, hieß es in den Textnachrichten.

Das Militär hatte am 25. Oktober die Macht im Sudan übernommen; die zivilen Mitglieder der Übergangsregierung wurden festgenommen. Der Anführer der Putschisten, General Abdel Fattah al-Burhan, rief den Ausnahmezustand aus und kündigte die rasche Bildung einer neuen Regierung an. Deren Ernennung lässt jedoch auf sich warten.

Am Donnerstag ernannte al-Burhan dann einen neuen Souveränen Rat, dem die Führung des Landes obliegt. Ihm gehören auch einige wenig bekannte Zivilisten an - aber kein Vertreter mehr des Bündnisses Kräfte für Freiheit und Wandel (FFC), das vor zwei Jahren erfolgreich den Volksaufstand gegen den langjährigen Machthaber Omar al-Baschir organisiert hatte.

Die Vereinten Nationen hatten die sudanesischen Sicherheitskräfte im Vorfeld der Proteste am Samstag zum Gewaltverzicht aufgerufen. Er appelliere erneut an die Streitkräfte, "äußerste Zurückhaltung" zu üben und das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu respektieren, erklärte der UN-Sondergesandte für den Sudan, der deutsche Diplomat Volker Perthes, im Onlinedienst Twitter.

Seit dem Putsch kam es immer wieder zu Massenprotesten, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Nach Angaben der Ärzteorganisation wurden dabei insgesamt mindestens 15 Menschen getötet und rund 300 weitere verletzt, hunderte Aktivisten und Demonstranten wurden festgenommen. Politischen Beobachtern zufolge erreichen die Proteste aber nicht mehr das Ausmaß von 2019.

(O. Joergensen--BTZ)