
EU-Sanktionen gegen Belarus für zentrale Wirtschaftsbereiche

Im eskalierenden Flüchtlingsstreit mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko werden die Forderung nach einer Ausweitung der Sanktionen gegen zentrale wirtschaftliche Branchen in Belarus immer lauter. Wichtige Wirtschaftszweige wie die Kali-Industrie in Belarus müssten "jetzt sanktioniert werden", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag im Bundestag. Eine Warnung richtete der SPD-Politiker auch an am Transport von Migranten beteiligte Fluggesellschaften.
Es werde immer wieder darauf verwiesen, dass zu viele wirtschaftliche Sanktionen die Abhängigkeit Belarus von Russland weiter verschärften, sagte Maas. Inzwischen sei die Situation aber so, dass die Konsequenzen für Lukaschenko "klarer werden müssen". Eine Ausweitung der Strafmaßnahmen gegen die wichtige Kali-Industrie in Belarus trage auch "die Mehrheit der Europäischen Union" mit.
Ähnlich äußerte sich die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner, die neben der Einbeziehung der belarussischen Kali-Industrie auf die EU-Sanktionsliste auch härtere Sanktionen für die politisch Verantwortlichen in Belarus forderte. "Die Weihnachtszeit ist ja eine beliebte Einkaufszeit in München und anderen deutschen Städten, gerade für die belarussische Machtelite. Das muss doch nicht sein." Konsequenzen müsse es auch für Fluggesellschaften geben, die Migranten aus dem Nahen Osten nach Belarus transportierten.
Die EU will ihre Sanktionen gegen Belarus beim Außenministerrat in der kommenden Woche in Brüssel verschärfen. Maas betonte, dass es rechtlich "nicht einfach" sei, auch Fluggesellschaften zu sanktionieren, da diese "formalrechtlich nichts Illegales" täten. Die EU habe jedoch "allen Fluggesellschaften" mitgeteilt, dass die Mitgliedstaaten Wege prüften, um "Mittäter eines Schleuserrings" in Haftung zu nehmen. Zudem würden Landerechte jeweils von den Mitgliedstaaten erteilt. "Damit müssen sich die Fluggesellschaften ernsthaft auseinandersetzen."
Mehrere Redner in der Debatte verwiesen auf die Rolle Russlands im aktuellen Migrationsstreit zwischen Belarus und der EU. "Es gibt einen, der das belarussische Regime am Leben hält, diesen perfiden Erpressungsversuch deckt: Wladimir Putin", sagte Brantner. Sie forderte eine "neue Politik der Härte und des Dialogs" mit Russland.
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul betonte, Putin könne Lukaschenkos Vorgehen an den EU-Grenzen zu Polen, Litauen und Lettland "sofort stoppen".
Anlass der Bundestagsdebatte waren ein Antrag der Unionsfraktion zur Ordnung und Begrenzung von Migration sowie ein Antrag der AfD-Fraktion zur Unterstützung Polens, Ungarns und anderer osteuropäischer EU-Länder "zur Abwehr destabilisierender Migrationsbewegungen".
Als Ehrengast an der Debatte nahm die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja teil, die von den Abgeordneten mit stehendem Applaus begrüßt wurde. Tichanowskaja war bei der von massiven Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl in Belarus im vergangenen Jahr gegen Langzeit-Machthaber Lukaschenko angetreten. Angesichts des brutalen Vorgehens der Behörden gegen die Opposition ging sie nach der Wahl ins Exil nach Litauen.
Die EU wirft Lukaschenko vor, Migranten zu instrumentalisieren, um auf diese Weise Vergeltung für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse zu üben. Derzeit harren im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen tausende Menschen aus dem Nahen Osten bei eisigen Temperaturen aus. (O. Petrow--BTZ)