Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat an die europäischen Staats- und Regierungschefs appelliert, bei dem nunmehr viertägigen EU-Sondergipfel zum Corona-Hilfsfonds und dem Gemeinschaftshaushalt zu einem Kompromiss zu finden. Die Verhandlungen dürften "nicht länger auf die lange Bank" geschoben werden, sagte Maas am Montag bei einem Treffen mit den Außenministern Estlands, Lettlands und Litauens in Tallinn.
"Wir brauchen eine Lösung", betonte Maas. Die EU-Staats- und Regierungschefs müssten "alles" versuchen, damit ein Kompromiss erreicht werde. Am Nachmittag setzen die EU-Staats- und Regierungschefs ihre Beratungen über das milliardenschwere Corona-Wiederaufbaupaket und den mehrjährigen Haushalt fort. Einer der wichtigsten Knackpunkte ist die Forderung von Österreich, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Finnland, den Anteil der Corona-Hilfen, der als nicht rückzahlbare Zuschüsse vorgesehen ist, deutlich zu reduzieren.
Streit gibt es zudem um die Frage, ob die Auszahlung von EU-Haushaltsgeldern mit der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten verknüpft werden soll. Polen und Ungarn, gegen die in der EU Rechtsstaatlichkeitsverfahren laufen, lehnen dies ab.
Maas betonte in Tallinn, dass die Rechtsstaatlichkeit eines der Prinzipien der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in diesem Halbjahr sei. Dass es gegen die Verknüpfung der Rechtsstaatlichkeit mit der Auszahlung von EU-Geldern Widerstände gebe, sei aber zu erwarten gewesen, sagte Maas. Er verwies zudem auf die nötige Einstimmigkeit unter den EU-Partnern bei einer Abstimmung.
Weitere Themen des Treffens zwischen Maas und seinen baltischen Kollegen waren der geplante Teilabzug von US-Truppen aus Deutschland sowie der Streit um das Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Die USA haben mit Sanktionen gegen den Bau der Ostsee-Pipeline gedroht. Auch mehrere EU-Staaten sehen das deutsch-russische Projekt kritisch. (S.A.Dudajev--DTZ)