Gauck verteidigt Forderung nach "Toleranz in Richtung rechts"
Altbundespräsident Joachim Gauck hat Kritik an seiner Äußerung über "Toleranz in Richtung rechts" zurückgewiesen. "Die teilweise heftigen Reaktionen auf diese Forderung zeigen mir, dass es einigen gar nicht um Debatten geht, sondern einfach um die Sicherung alter Denkweisen und Milieusicherheiten", sagte er nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. Er plädiere "für eine weite Bandbreite des politischen Diskurses".
Gauck hatte sich ikürzlich für eine "erweiterte Toleranz in Richtung rechts" ausgesprochen. Toleranz fordere, "nicht jeden, der schwer konservativ ist, für eine Gefahr für die Demokratie zu halten und aus dem demokratischen Spiel am liebsten hinauszudrängen", sagte er. Es müsse zwischen rechts im Sinne von konservativ und rechtsextremistisch oder rechtsradikal unterschieden werden.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte am Dienstag im MDR, Gauck habe "eigentlich Selbstverständlichkeiten" ausgesprochen. Die von Gauck geforderten Unterscheidungen müssten natürlich möglich sein. "Rechtsextrem oder Linksextrem - das sind die Positionen, wo der Staatsanwalt kommt, wo wir mit aller Härte des Gesetze auch dagegen vorgehen müssen." Dazwischen müsse aber "jede Diskussion und Auseinandersetzung möglich sein".
Die kommissarische SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig dagegen sagte bei einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), sie glaube nicht, dass Gauck mit seiner Forderung recht habe. "Ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger denkt und wählt anders als die Anhänger der AfD", sagte sie nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. "Diesen Menschen ist wichtig, dass die Werte, die dieses Land ausmacht, gegen diejenigen verteidigt werden, die sie in Frage stellen."
Mit Blick auf die AfD hatte Gauck dem "Spiegel" gesagt, er halte es für einen "problematischen Weg", dass die Wahl von AfD-Abgeordneten zum Vizepräsidenten des Bundestages von der Parlamentsmehrheit blockiert werde. Dem Portal "t-online.de" sagte er, solange die AfD nicht verboten sei, "sollten wir ihren Mitgliedern und Anhängern im Sinne der kämpferischen Toleranz vor allem mit Argumenten begegnen".
Dass es in der Partei "verkappte Nazis" und "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" gebe, bezeichnete Gauck als "nicht hinnehmbar". Allerdings müsse auch gefragt werden, ob es AfD-Mitglieder und -Anhänger nicht in eine "Trotzreaktion" treibe, wenn die ganze Partei "aus der kämpferischen Toleranz" ausgeschlossen und in fragwürdiger Medien-Hetz-Manier zum Feind erklärt würde.
(P. Rasmussen--BTZ)