Gewerkschaft: Bundesweiter Streik auf dem Bau wird immer wahrscheinlicher
Zum ersten Mal seit Jahrzehnten könnte es zu einem bundesweiten Streik auf deutschen Baustellen kommen. "Ein bundesweiter Streik am Bau ist so wahrscheinlich wie seit 20 Jahren nicht mehr", sagte der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, der "Süddeutschen Zeitung" vom Mittwoch. Für die knapp 900.000 Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe fordert die IG BAU mehr Lohn und insbesondere eine höhere Entschädigung für die oft langen Arbeitswege zu Baustellen.
Dies sei "der größte Haken in den Verhandlungen", sagte Feiger. Die Forderung bestehe bereits seit 2018, eine Einigung war aber noch nicht möglich. "Ohne ein echtes Einlenken der Arbeitgeber wird es dieses Mal keine Einigung mit uns geben", sagte Feiger weiter.
Die IG BAU fordert neben der Wegzeitentschädigung auch einen Lohnangleich zwischen Ost und West. Darüber hinaus will die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 5,3 Prozent durchsetzen. Der vorige Tarifvertrag war bereits Ende Juni ausgelaufen.
Ende September waren die Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe gescheitert, die Tarifparteien einigten sich auf eine Schlichtung unter dem Präsidenten des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel. Feiger bezeichnete die Schlichtung als "letzte Chance". "Entweder die Arbeitgeber geben ihre Blockadehaltung auf oder es kommt zum bundesweiten Streik auf den Baustellen". Dann liege der Bau in Deutschland lahm - der Straßenbau genauso wie der öffentliche und private Gebäudebau.
Das Argument, dass höhere Löhne die Kosten für Bauprojekte erhöhen könnten, wies Feiger in der "Süddeutschen" zurück. "Die Löhne spielen bei den Gesamtkosten am Bau eine relativ geringe Rolle", sagte er. "Ich akzeptiere auch nicht, dass der Bauarbeiter, der täglich die Knochen hinhält, jetzt auch noch durch Lohnverzicht die Kosten niedrig halten soll."
Insgesamt habe der Bau bereits heute ein Nachwuchsproblem. Die Ausbildungszahlen seien zuletzt zwar leicht gestiegen, aber dies reiche "längst nicht aus, um den Bedarf zu decken". So verlasse etwa die Hälfte aller Fachkräfte die Branche innerhalb von fünf Jahren, viele gingen wegen der schweren körperlichen Arbeit außerdem früh in Rente.
(F. Schulze--BTZ)