Innenminister von Bund und Ländern für härtere Gangart gegen Antisemitismus
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen noch entschlossener gegen Antisemitismus in Deutschland vorgehen. "Wir werden das Strafmaß bei antisemitischen Straftaten empfindlich anziehen", sagte der baden-württembergische Ressortchef Thomas Strobl (CDU) am Freitag zum Abschluss der Innenministerkonferenz in Rust. Auf ihrem Treffen beschlossen die Innenminister außerdem, frauenfeindliche Straftaten genauer zu erfassen und den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz zu verbessern.
Zum Abschluss ihres turnusmäßigen Treffens sandten die Innenminister ein klares Signal gegen Antisemitismus. "Jüdinnen und Juden müssen in Deutschland sicher leben können", erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
Auf Beschluss der Innenminister sollen bundesweit einheitliche Vorgaben und Standards für antiisraelische Demonstrationen im Umfeld von Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen erarbeitet werden. Dies kann demnach auch zu einem Verbot einer Versammlung führen. Den Versammlungsbehörden vor Ort soll dazu ein Mustererlass in die Hand gegeben werden. Es werde kein Antisemitismus geduldet, der "unter dem Deckmantel der Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch die Straßen weht", sagte Strobl, der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist.
"Wir sind dankbar, dass jüdisches Leben bei uns stattfindet und stellen uns allem entgegen, was sich gegen jüdisches Leben in unserem Land richtet", fügte er hinzu. Zur nächsten IMK-Sitzung im Herbst in Stuttgart soll auch der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, eingeladen werden.
Zudem sollen antisemitische Straftaten in der Polizeistatistik künftig präziser erfasst werden. Bislang werden solche Taten bei nicht eindeutiger Ursache automatisch dem Rechtsextremismus zugeordnet. "Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus sind die größte Bedrohung", sagte Seehofer in Rust. Da solle nichts relativiert werden. Es gebe aber auch Antisemitismus etwa aus dem Islamismus. Das müsse "noch präziser" erfasst werden.
Auch Straftaten mit spezifisch frauenfeindlicher Motivation sollen genauer in der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst werden. Es gebe "ein großes Dunkelfeld, das wollen wie aufhellen", sagte Strobl. Es gehe darum, solche Straftaten zu enttabuisieren und Betroffene zu ermutigen, Anzeige zu erstatten.
Ferner wollen Bund und Länder ihre Kompetenzen beim Bevölkerungs- und Katastrophenschutz stärker bündeln. In den nächsten Monaten sollen die Voraussetzungen für ein gemeinsames Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz geschaffen werden. "Es wird nicht nur die nächste Pandemie kommen, wir werden auch Katastrophenlagen aller Art erleben", sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Teil des Konzepts soll unter anderem eine "datenbasierte Krisenkommunikation" sein. Angesiedelt werden könnte das Kompetenzzentrum am Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn.
Keine Einigung fand ein Vorlage zum Abschiebestopp nach Syrien und die Aufforderung an den Außenminister, ein Rückführungskonzept zu erstellen. Weiterverfolgt wird von der IMK die Identifizierung anonymer Hetzer in sozialen Netzwerken. Befürwortet wird dabei weiterhin eine Identifizierungspflicht, keine Klarnamenpflicht. Eine Möglichkeit wären sogenannte Login-Fallen. Sobald sich Hetzer einloggen, könnten sie über ihre IP-Adresse identifiziert werden.
(L. Solowjow--BTZ)