Massiver Polizei-Einsatz in Hongkong gegen China-kritisches Blatt "Apple Daily"
Die Polizei in Hongkong ist am Donnerstag massiv gegen die China-kritische Zeitung "Apple Daily" vorgegangen. An dem morgendlichen Einsatz waren mehr als 500 Beamte beteiligt. Die Behörden erklärten, die Zeitung habe zu "Sanktionen" gegen Hongkong und die chinesische Führung aufgerufen.
Bei dem Polizeieinsatz wurden Chefredakteur Ryan Law und vier weitere führende Mitarbeiter der Zeitung festgenommen. Ihnen wird illegale Zusammenarbeit mit "einem anderen Land oder externen Elementen" mit dem Ziel der Gefährdung der "nationalen Sicherheit" angelastet.
"Apple Daily" und sein Eigner sind mit ihrer offenen Unterstützung für die Demokratie-Bewegung in Hongkong seit langer Zeit ein Dorn im Auge der Führung in Peking, welche die Bestrebungen nach mehr Demokratie in der früheren britischen Kronkolonie zu unterdrücken sucht.
Der 73-jährige Lai wurde wegen betrügerischer Absprachen angezeigt, nachdem die Redaktion der Zeitung bereits im vergangenen August durchsucht worden war. Inzwischen wurde er wegen der Teilnahme an Protesten zu mehreren Gefängnisstrafen von insgesamt 20 Monaten verurteilt.
In einer Nachricht an die Leser warnte "Apple Daily", die Pressefreiheit in Hongkong hänge am "seidenen Faden". Die Behörden beschlagnahmten Vermögenswerte der Zeitung in Höhe von umgerechnet 1,9 Millionen Euro.
Der Beauftragte der Hongkonger Regierung für Sicherheitsfragen, John Lee, wollte sich nicht zu der Frage äußern, welche Artikel aus dem "Apple Daily" die Sicherheitsgesetze verletzt hätten. Der Einsatz der Regierung gelte nicht der Pressefreiheit, fügte Lee hinzu. "Wir zielen auf Verrat, der die nationale Sicherheit gefährdet."
Als Reaktion auf die Massenproteste gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong hatte die chinesische Führung das sogenannte Sicherheitsgesetz erlassen. Es erlaubt den Behörden ein rigoroses Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Verstöße können mit lebenslanger Haft bestraft werden.
Der Westen sieht in dem Gesetz eine eklatante Verletzung der Autonomierechte Hongkongs, die der früheren britischen Kronkolonie bei ihrer Übergabe an China 1997 für 50 Jahre zugesichert worden waren.
(N. Lebedew--BTZ)