Merkel erwartet Freigabe der Corona-Impfungen "spätestens" im Juni
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet spätestens für Juni ein Ende der Priorisierungen bei den Corona-Impfungen. Das Ende der Priorisierung nach Alter, Beruf oder Vorerkrankung bedeute zwar "nicht, dass dann jeder sofort geimpft werden kann", sagte Merkel am Montag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder. "Aber dann kann sich jeder um einen Impftermin bemühen." Die Millionen jetzt schon Geimpften und Genesenen können bald schon mit kleineren Erleichterungen im Alltag rechnen.
Die Gruppe der Geimpften und Genesenen solle dann etwa beim Einkaufen oder beim Friseurbesuch keinen negativen Corona-Schnelltest mehr vorweisen müssen, sagte Merkel. Auch die Pflichtquarantäne nach der Einreise aus dem Ausland solle dann wegfallen. Die Bundesregierung werde nach Maßgabe des Infektionsschutzgesetzes eine entsprechende Rechtsverordnung auf den Weg bringen.
Das weitere Vorgehen in der Pandemiebekämpfung ziele darauf ab, "die Einschränkungen möglichst gering zu halten", sagte Merkel. "Das oberste gesellschaftliche Ziel ist, allen Menschen alle Lebensmöglichkeiten, sprich Grundrechte, und alle Nutzungen ihrer bekannten Lebensmöglichkeiten schnell wiederzugeben", sagte sie.
Merkel fügte hinzu: "Das, was jetzt die über ein Jahr andauernde Pandemie an gesellschaftlichen Wirkungen mit sich gebracht hat, das ist ja ohne Beispiel seit Ende des Zweiten Weltkriegs." Die Einschränkungen seien "schon gewaltig".
Bayers Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erhofft sich von einer Aufhebung der Priorisierung eine weitere Beschleunigung der Impfkampagne. Dabei komme den niedergelassenen Ärzte eine zentrale Rolle zu: "Bei den Ärzten geht es schlichtweg schneller." Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hingegen verwies auf anhaltende Impfstoff-Knappheit. Deswegen halte er "nichts von einer vollständigen Aufhebung der Priorisierung".
Nach Merkels Angaben sollten ab Juni verstärkt auch die Betriebsärzte in die Impfkampagne eingebunden werden. Die Kanzlerin bekräftigte ihre Zusage, dass bis Ende des Sommers jedem Impfwilligen ein Impfangebot gemacht werden könne. Voraussetzung dafür und für den anvisierten Wegfall der Priorisierung sei aber, dass die Pharmahersteller ihre Lieferzusagen einhielten.
Laut Bundesgesundheitsministerium haben die Hersteller für das zweite Quartal insgesamt 80 Millionen Impfdosen zugesagt. In einer Vorlage des Ministeriums für das Bund-Länder-Treffen heißt es weiter, dass in dieser Woche erstmals mehr als zwei Millionen Corona-Impfungen allein in den Arztpraxen zu erwarten seien.
Wie Merkel begrüßten auch die Länderchefs die Beschleunigung der Impfkampagne. "Das Licht am Ende des Tunnels wird heller", sagte NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte, mit dem Impfen gehe es "wirklich voran". Söder sagte: "Das war heute eine Hoffnungs-MPK." Kanzlerin Merkel machte sich diese Formulierung ausdrücklich zu eigen.
Merkel wollte sich nicht dazu äußern, in wie weit die Bürgerinnen und Bürger sich Hoffnung auf einen Urlaub im Sommer machen können: "Dass kann ich jetzt heute nicht sagen." Die Frage hänge vom weiteren Verlauf der Pandemiebekämpfung ab. Die "Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens" sei "nicht gebannt", warnte Merkel. Sie hoffe, dass die dämpfende Wirkung der Impfungen auf die Inzidenzzahlen "im Laufe des Monats Juni sichtbar" würden.
Merkel verwies darauf, dass derzeit "noch ein relativ kleiner Teil" der Bevölkerung vollständig geimpft sei. "Wir werden in eine Übergangsphase kommen, die auch nicht einfach ist", sagte sie. Selbst wenn 50 Prozent der Bevölkerung geimpft seien, bestehe "immer noch ein erhebliches Risiko für unser Gesundheitssystem".
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums haben bis Sonntag knapp sechs Millionen Menschen in Deutschland zwei Impfdosen erhalten, sie gelten damit als vollständig geimpft. Insgesamt 19,5 Millionen Menschen haben mindestens eine Impfung erhalten. Die Zahl der Genesenen liegt laut Robert-Koch-Institut bei 2,9 Millionen.
(P. Hansen--BTZ)