Im Streit um Corona-Bonds ist keine Einigung in Sicht
Ungeachtet des massiven Drängens vor allem aus Italien ist beim Streit um sogenannte Corona-Bonds in der EU keine Einigung in Sicht. Während Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sich laut einem Bericht des "Spiegel" weiterhin gegen die Ausgabe europäischer Gemeinschaftsanleihen wegen der Corona-Krise sperrt, will der italienische Regierungschef Giuseppe Conte diese unbedingt durchsetzen. Conte forderte am Freitag von der Europäischen Union (EU) "mehr Ehrgeiz, mehr Einigkeit und mehr Mut".
Italien, Frankreich und mehrere weitere Länder wollen, dass die EU-Mitgliedsstaaten die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gemeinsam tragen und die Euro-Staaten gemeinsame Anleihen herausgeben. Diese Eurobonds würden die Zinslast für hoch verschuldete Staaten wie Italien senken und sie vor Spekulanten schützen. Deutschland und die Niederlande lehnen dies kategorisch ab, weil es ihrer Meinung nach eine Vergemeinschaftung von Schulden bedeuten würde.
Die Finanzminister der Eurogruppe wollen am Dienstag über die Lage in der Corona-Krise beraten. Im Vorfeld heißt es laut "Spiegel" in einem Papier des Bundesfinanzministeriums: "Aus Sicht der Bundesregierung sollte sich die Diskussion auf die Nutzung von Instrumenten konzentrieren, bei denen Lösungen zügig umgesetzt werden können." Eurobonds oder "Corona-Bonds" seien damit nicht gemeint.
Das Bundesfinanzministerium setzt laut "Spiegel" weiter auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Die Bundesregierung sei dabei auch bereit, die Mittel des ESM aufzustocken, wenn diese in der aktuellen Krise nicht ausreichen sollten. Das könnte der Fall sein, wenn Spanien und Italien gleichzeitig Hilfe brauchten. Im Gespräch ist demnach eine Verdoppelung der Mittel. Dazu wäre eine Kapitalaufstockung des ESM nötig, wobei auf Deutschland ein Anteil von 22 Milliarden Euro entfallen würde.
Auch der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, sprach sich gegen die Gründung neuer Institutionen oder den Einsatz neuer Instrumente aus. Dafür würde Zeit gebraucht, "die wir im Moment nicht haben", argumentierte er in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Damit sprach sich Regling indirekt auch gegen Corona-Bonds aus.
Italien drängt dagegen weiter auf Eurobonds. In einem in der Tageszeitung "La Repubblica" veröffentlichten Brief an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kritisierte Conte das bisherige Handeln der EU in der Corona-Krise. "Ich höre Idee, die Europa nicht gerecht werden", schrieb er. "Die Entscheidungen, die wir heute treffen, werden für Jahre in Erinnerung bleiben."
Auch die EU-Kommission ist gegen Eurobonds, sie schlägt stattdessen eine Art europäischen Schutzschirm in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro über Arbeitnehmer und Selbstständige in der EU vor. Die dafür nötigen Kredite an bedürftige Länder sollen durch "Garantien" der Mitgliedstaaten von rund 25 Milliarden Euro ermöglicht werden.
Conte lobte diesen Vorschlag ausdrücklich, machte aber auch klar, dass er trotzdem an seiner Forderung nach Corona-Bonds festhalte. "Wenn Du im Krieg bist, musst Du wirklich alles tun, um zu gewinnen", schrieb er. Dafür brauche es auch die richtige Ausstattung und innovative Instrumente. Solche innovativen Instrumente seien in der gegenwärtigen Krise die Eurobonds, bekräftigte der Regierungschef, dessen Land in Europa bisher am schwersten von der Corona-Pandemie getroffen wurde.
Gegenwind bekommt Conte aber auch aus dem eigenen Land: "Jedes Land muss verantwortlich bleiben für die eigene Verschuldung", schrieb Ex-Regierungschef Enrico Letta in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". Er plädierte jedoch zusammen mit Ökonomen für ein neues Finanzinstrument.
(M. Tschebyachkinchoy--BTZ)