Von der Leyen beklagt anfänglichen Egoismus von EU-Ländern in Corona-Krise
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Egoismus seitens der EU-Mitgliedstaaten zu Beginn der Corona-Krise angeprangert. "Als Europa wirklich füreinander da sein musste, haben zu viele zunächst nur nach sich selbst geschaut", sagte von der Leyen am Donnerstag im EU-Parlament in Brüssel. Erst jetzt, da sich etwa bei der Verteilung medizinischer Ausrüstung und der Versorgung von Patienten Solidarität zeige, gehe es wieder aufwärts.
Konkret kritisierte die CDU-Politikerin Ausfuhrbeschränkungen für Atemschutzmasken, die einige Länder, darunter Deutschland, vor rund zwei Wochen erlassen hatten und mittlerweile zurückgenommen haben. Auch Grenzschließungen, die in manchen Teilen der EU den grenzüberschreitenden Warenverkehr stark beeinträchtigen, verhinderten eine "erfolgreiche europäische Antwort" auf die Krise.
Nicht ein einziger Mitgliedstaat sei in der Lage, den eigenen Bedarf an medizinischer Ausrüstung alleine zu decken, warnte von der Leyen. "Eine grenzenlose Krise kann nicht gelöst werden, indem wir Barrieren zwischen uns errichten." Und doch sei genau das der erste Reflex vieler europäischer Länder gewesen. "Das macht einfach keinen Sinn", wetterte von der Leyen.
Im EU-Parlament sprach sie vor nahezu leeren Rängen. Die Volksvertretung tagte trotz der Pandemie in Brüssel, um eine Reihe von von der EU-Kommission vorgeschlagenen Notfallmaßnahmen zu verabschieden. Parlamentspräsident David Sassoli und die Fraktionsvorsitzenden hatten aber davon abgeraten, persönlich an der Sitzung teilzunehmen. Bei den nötigen Abstimmungen kann erstmals aus der Ferne per E-Mail abgestimmt werden.
Zur Abstimmung stehen eine Investitionsoffensive für den Gesundheitssektor und andere kritische Bereiche, ein Instrument, um vorhandene EU-Mittel speziell für die Krisenbewältigung einzusetzen, sowie eine Sonderregelung für den Luftfahrtsektor. Die Abstimmungsergebnisse werden erst am späten Abend erwartet. "Natürlich mussten wir das Tempo drosseln," sagte Parlamentspräsident Sassoli. Aber die Demokratie könne inmitten der Krise nicht ausgesetzt werden.
(K. Berger--BTZ)