Modi bemüht sich angesichts gewaltsamer Proteste in Indien um Beschwichtigung
Angesichts der anhaltenden gewaltsamen Proteste in Indien gegen die Reform des Einbürgerungsgesetzes hat sich Ministerpräsident Narendra Modi um Beschwichtigung bemüht. Muslime müssten sich wegen der neuen Regeln keine Sorgen machen, sofern sie indischer Herkunft seien, sagte Modi am Sonntag vor Anhängern in Neu Delhi. Derweil gingen die landesweiten Proteste gegen die Reform weiter. Die Zahl der Todesopfer stieg nach Angaben der Polizei auf mindestens 25.
Kritiker werfen Modi vor, durch die Gesetzesreform Muslime aus Nachbarländern bei der Einbürgerung gezielt zu benachteiligen. Sie werten dies als Verstoß gegen die staatliche Neutralität in religiösen Fragen.
Modi wies die Vorwürfe in seiner Rede zurück. "Muslime, die Söhne dieses Bodens sind und deren Vorfahren Kinder von Mutter Indien sind, müssen sich keine Sorgen machen", sagte er. Er warf der oppositionellen Kongresspartei vor, die Gewalt weiter anzuheizen, indem die Partei die Unruhen nicht verurteile. Die Opposition verbreite falsche "Gerüchte", wonach alle Muslime in "Sammellager" gebracht werden sollten. Dabei handele es sich aber um "Lügen, Lügen, Lügen".
Die Gewalt hatte bei den Protesten zuletzt deutlich zugenommen. Allein seit Freitag gab es im nordöstlichen Bundesstaat Uttar Pradesh 17 Tote bei den Protesten, darunter einen achtjährigen Jungen, der bei einer Panik ums Leben kam. Ein weiterer Demonstrant starb am Samstag nach Zusammenstößen mit der Polizei.
In Patna im östlichen Bundesstaat Bihar wurden drei Demonstranten durch Schüsse verletzt. Sechs weitere wurden bei Zusammenstößen mit Gegendemonstranten durch Steinschleudern verletzt, teilte die Polizei mit.
In Neu Delhi wurden 40 Menschen in Gewahrsam genommen, darunter auch Minderjährige, wie Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur AFP am Samstag sagten. Die meisten von ihnen seien mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Am Freitag hatte es in der Hauptstadt Straßenschlachten zwischen der Polizei und Demonstranten gegeben.
In zahlreichen Staaten gingen die Proteste am Samstag weiter. Kundgebungen fanden unter anderem in den Städten Chennai, Gurgaon, Kolkata und Guwahati statt. In der Hauptstadt Neu Delhi hielten Demonstranten bei Tagesanbruch vor Indiens größter Moschee ihre Handys in die Höhe. Damit brachten sie ihre Ablehnung gegen das neue Staatsbürgerschaftsgesetz zum Ausdruck.
Die landesweiten Proteste hatten vor rund zwei Wochen begonnen. Auslöser ist ein am 11. Dezember vom Oberhaus verabschiedetes Staatsbürgerschaftsgesetz. Es sieht für Einwanderer aus Indiens Nachbarstaaten Bangladesch, Pakistan und Afghanistan Vereinfachungen bei der Einbürgerung vor - allerdings nur, wenn sie nicht Muslime sind.
Kritiker halten der hinduistisch-nationalistischen Partei BJP von Regierungschef Narendra Modi vor, mit der Neuregelung Muslime zu diskriminieren. Indien hat eine mehrheitlich hinduistische Bevölkerung von insgesamt 1,3 Milliarden Menschen. Rund 200 Millionen Muslime leben im Land.
Die Behörden versuchten unterdessen, die Massenproteste mit allen Mitteln einzudämmen. Sie erließen Notstandsgesetze, blockierten den Internetzugang und schlossen Geschäfte im ganzen Land. Die Demonstranten wollen jedoch weiter auf die Straße gehen, bis das Gesetz aufgehoben wird.
(M. Taylor--BTZ)