Neue Hisbollah-Angriffe auf Israel - Netanjahu kündigt "gnadenlosen" Kampf gegen Miliz an
Nach dem folgenschwersten Angriff der Hisbollah auf Israel seit Wochen hat die Miliz im Libanon am Montag ihre Attacken im Nachbarland fortgesetzt. Die Hisbollah erklärte, eine "große Raketensalve" auf die Stadt Safed im Norden Israels abgefeuert zu haben. Zuvor hatte sie eigenen Angaben zufolge unter anderem einen Marinestützpunkt nahe der israelischen Stadt Haifa beschossen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte an, weiterhin hart gegen die libanesische Miliz vorzugehen.
Der Beschuss auf Safed sei die Vergeltung für israelische Angriffe auf "libanesische Städte, Dörfer und Zivilisten", erklärte die Miliz. Im Grenzgebiet im Südlibanon kam es Angaben der Hisbollah zufolge zudem zu "gewaltsamen Zusammenstöße" mit israelischen Soldaten. Im Grenzdorf Aita al-Schaab sei ein israelischer Truppentransporter mit einer Lenkrakete angegriffen worden, hieß es.
Das israelische Militär fing nach eigenen Angaben mehrere Geschosse aus dem Libanon ab. In zahlreichen israelischen Orten, unter anderem in der Mittelmeermetropole Tel Aviv, wurde am Montag wegen des anhaltenden Beschusses Luftalarm ausgelöst.
Am Sonntag waren bei einem Drohnenangriff der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz auf einen Ausbildungsstützpunkt des israelischen Militärs in Binjamina südlich von Haifa mindestens vier israelische Soldaten getötet und mehr als 60 Menschen verletzt worden. Es war der folgenschwerste Angriff der Miliz seit der deutlichen Verschärfung des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah im September.
Nach dem Angriff drohte die Hisbollah, dieser sei "nur ein Vorgeschmack" darauf, was Israel erwarte, wenn es seine Offensive im Libanon fortsetze.
Netanjahu kündigte am Montag bei einem Besuch auf dem Stützpunkt in Binjamina an, weiterhin hart gegen die pro-iranische Miliz vorzugehen. "Wir werden die Hisbollah weiterhin gnadenlos in allen Teilen des Libanon angreifen - auch in Beirut", sagte er. Israels Armeechef Herzi Halevi betonte bei einem Besuch vor Ort, sein Land befinde sich im Krieg "und ein Angriff auf einen Ausbildungsstützpunkt an der Heimatfront ist schwierig, und die Folgen sind schmerzhaft".
Indes startete die israelische Armee eine Reihe neuer Angriffe auf Ziele im Libanon. In der mehrheitlich von Christen bewohnten Ortschaft Aito im Norden des Landes wurden nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums mindestens 21 Menschen getötet und acht weitere verletzt. Es war das erste Mal, dass eine überwiegend christliche Bergregion Ziel israelischer Angriffe wurde. Bislang hatte die Armee ihre Attacken hauptsächlich auf Hisbollah-Hochburgen in mehrheitlich schiitisch geprägten Gebieten des Landes und in den südlichen Vororten der Hauptstadt Beirut konzentriert.
Seit dem Großangriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem dadurch ausgelösten Krieg im Gazastreifen hatte die Hisbollah mit ständigen Raketenangriffen auf den Norden Israels eine zweite Front gegen das Land eröffnet, Israel antwortete mit Angriffen auf Hisbollah-Ziele.
In den vergangenen Wochen hat Israel seine Angriffe auf die Hisbollah massiv ausgeweitet. Dadurch wurden seit dem 23. September laut einer AFP-Zählung auf Grundlage von Behördenangaben mehr als 1300 Menschen im Libanon getötet. Ende September wurden bei einem Luftangriff Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und andere hochrangige Kommandeure der Schiitenmiliz getötet.
In den vergangenen Tagen gerieten auch wiederholt Soldaten der UN-Friedenstruppe Unifil im Grenzgebiet zu Israel zwischen die Fronten, insgesamt fünf von ihnen wurden verletzt. Israel wirft der Hisbollah vor, die Blauhelmsoldaten und Unifil-Anlagen als Schutzschilde zu missbrauchen.
Am Sonntag waren laut der UN-Mission zwei israelische Panzer "gewaltsam" in eine Stellung der Blauhelmsoldaten im Südlibanon eingedrungen. Der israelischen Armee erklärte später, nach bisherigen Erkenntnissen habe einer ihrer Panzer versucht, verletzte Soldaten zu evakuieren, während er unter Beschuss gewesen sei. Dabei habe er sich "mehrere Meter" weit auf einen Unifil-Stützpunkt zurückgezogen.
Die Bundesregierung forderte eine umfassende Aufklärung der Vorfälle. Angriffe auf UN-Friedenstruppen seien "in keiner Weise hinnehmbar", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Alle Konfliktparteien, "auch die israelische Armee, sind verpflichtet, ihre Kampfhandlungen ausschließlich gegen militärische Ziele der anderen Konfliktpartei zu richten."
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, es sei "völlig inakzeptabel, die Truppen der Vereinten Nationen anzugreifen". UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, Angriffe auf Friedenstruppen verstießen gegen das Völkerrecht.
F. Burkhard--BTZ