Hunderte trauern in Westjordanland um getötete US-türkische Aktivistin
In Nablus im besetzten Westjordanland haben Hunderte Menschen einer US-türkischen Aktivistin die letzte Ehre erwiesen, die bei einem Protest gegen israelische Siedlungen im nahegelegenen Beita getötet wurde. Die in eine Palästinenserfahne gehüllte Leiche der 26-jährigen Aysenur Ezgi Eygi wurde von palästinensischen Sicherheitskräften durch die Straßen von Nablus getragen, bevor ein Kranz auf ihre sterblichen Überreste gelegt wurden. Ihr Kopf war von einer Kefije, dem sogenannten Palästinensertuch, bedeckt.
Dem UN-Menschenrechtsbüro zufolge wurde Eygi von israelischen Soldaten mit einem "Schuss in den Kopf" getötet. Auch der Bürgermeister von Beita und die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichteten, sie sei von einem israelischen Soldaten getötet worden. Die UNO erklärte, Eygi habe an einem "friedlichen Anti-Siedlungsprotest" in Beita teilgenommen, wo wöchentlich Demonstrationen stattfinden.
Die israelische Armee räumte ein, das Feuer in der Gegend von Beita eröffnet zu haben. Sie gab an, Berichte zu prüfen, denen zufolge "eine ausländische Staatsangehörige durch Schüsse getötet wurde".
Die Türkei verurteilte den Vorfall. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte am Montag, Ankara werde alles Mögliche tun, um sicherzustellen, "dass Aysenur Ezgis Tod nicht ungesühnt bleibt". "Wir werden unseren Kampf gegen Israel auf höchster Ebene fortsetzen, indem wir es vor den (Internationalen) Gerichtshof bringen", gab Erdogan an.
Die USA hatten den Tod Eygis "tragisch" genannt und Israel zu einer Untersuchung gedrängt. "Wir haben eine rasche, gründliche und transparente Untersuchung gefordert und arbeiten mit Hochdruck daran, so viele Informationen wie möglich über die Umstände ihres Todes zu erhalten", sagte US-Außenministeriumssprecher Vedant Patel am Montag zu Journalisten.
Im seit 1967 von Israel besetzten Westjordanland hat sich die Lage seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen deutlich verschärft. Die Hamas hatte mit ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober den Krieg ausgelöst.
Mindestens 662 Palästinenser wurden laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium im Westjordanland seit Kriegsbeginn von israelischen Soldaten oder Siedlern getötet. Israelischen Angaben zufolge wurden in dem Gebiet im selben Zeitraum mindestens 23 Israelis, darunter auch Sicherheitskräfte, bei palästinensischen Angriffen getötet.
Etwa 490.000 Menschen leben in israelischen Siedlungen im Westjordanland. Die Vereinten Nationen stufen diese als völkerrechtswidrig ein.
U. Schmidt--BTZ