Iran: EU-Staaten schließen sich US-Schuldzuweisungen nicht an
Nach den mutmaßlichen Angriffen auf zwei Tanker im Golf von Oman haben sich die EU-Staaten zurückhaltend zu den US-Schuldzuweisungen an den Iran geäußert. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Montag in Luxemburg, die Bundesregierung gleiche die Angaben noch mit ihren Informationen ab. Mehrere seiner Kollegen sprachen sich für eine unabhängige Untersuchung aus. Der Iran erhöhte derweil den Druck auf die Europäer, mehr zur Umsetzung der wirtschaftlichen Seite des Atomabkommens zu tun.
Maas sagte vor dem Treffen der EU-Außenminister, er kenne die Einschätzungen der USA und Großbritanniens zu den Angriffen. Deutschland wolle aber noch weitere Informationen sammeln. Dabei müsse "sehr, sehr sorgfältig" vorgegangen werden, mahnte er. Alle seien aufgerufen, "ihren Teil zur Deeskalation beizutragen". "Es kann nicht sein, dass alle sagen, wir wollen keinen Krieg, aber keiner wirklich etwas dafür tut", sagte der Außenminister.
Ein norwegischer und ein japanischer Tanker waren am Donnerstagmorgen im Golf von Oman evakuiert worden, nachdem es an beiden Schiffen Explosionen gegeben hatte. Die USA und Großbritannien gaben dem Iran die Schuld für die mutmaßlichen Attacken, legten jedoch keine Beweise vor. Der Iran wies jede Verwicklung in die Vorfälle zurück und deutete eine Verantwortung der USA an. Die genauen Umstände sind weiter unklar.
Mehrere EU-Außenminister stellten sich bei dem Treffen in Luxemburg daher hinter die Forderung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres nach einer unabhängigen Untersuchung. Er unterstütze die Linie, dass in einer "echten Untersuchung alle Fakten auf den Tisch kommen", sagte der finnische Außenminister Pekka Haavisto. Nur so könne festgestellt werden, ob tatsächlich der Iran hinter den Vorfällen stecke.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zog einen Vergleich zur Lage vor dem US-Angriff auf den Irak 2003. Die USA hatten damals angebliche Beweise für die Entwicklung von biologischen und chemischen Waffen durch den Irak vorgelegt, die sich später als falsch erwiesen. Europa müsse alles tun, "damit die Bremse gezogen wird", sagte Asselborn. "Wir dürfen uns nicht in die Logik eines Krieges versetzen."
Die Situation in der Golfregion ist derzeit extrem angespannt. US-Präsident Donald Trump war im Mai 2018 aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen und hatte neue Sanktionen verhängt. Die anderen Vertragspartner wollen zwar an dem Abkommen festhalten, haben aber nicht verhindern können, dass sich ihre Firmen aus Angst vor den US-Sanktionen aus dem Iran zurückgezogen haben.
Teheran drängt seit Monaten darauf, dass die verbliebenen Vertragspartner Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China mehr dafür tun, dass der Iran den versprochenen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Abkommen ziehen kann. Am Jahrestag von Trumps Ausstieg aus dem Abkommen drohte Irans Präsident Hassan Ruhani, andernfalls fühle sich der Iran nicht länger an die Vereinbarung gebunden.
Als ersten Schritt kündigte Ruhani an, die Obergrenzen für die Menge angereicherten Urans und schweren Wassers nicht länger einzuhalten. Der Sprecher der iranischen Atomenergiebehörde, Behrus Kamalwandi, sagte am Montag, die Menge von 300 Kilogramm angereichertem Uran werde am 27. Juni überschritten sein. Sollten die Vertragspartner ihre Verpflichtungen erfüllen, könne der Iran den Schritt revidieren.
Unterdessen reiste eine Bundestags-Delegation in den Iran, um über die Zukunft des Atomabkommens zu sprechen. Für Dienstag und Mittwoch haben die Mitglieder des Unterausschusses "Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung" Gespräche mit iranischen Vertretern geplant, wie der Unterausschuss-Vorsitzende Matthias Höhn (Linke) mitteilte. Erst vergangenen Montag war Maas zu Gesprächen in Teheran gewesen.
(M. Tschebyachkinchoy--BTZ)