EuGH: Waren aus israelischen Siedlungsgebieten kennzeichnen
Aus Sicht des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) müssen Waren aus den von Israel besetzten Gebieten eindeutig als solche gekennzeichnet werden, um Verbraucher nicht in die Irre zu führen. Die Etiketten müssten deutlich machen, ob Produkte aus den seit 1967 besetzten Gebieten, und insbesondere aus israelischen Siedlungen in diesen Gebieten stammen, sagte Generalanwalt Gerard Hogan am Donnerstag vor dem EuGH in Luxemburg.
Der französische Staatsrat hatte den EuGH in einem Fall angerufen, in dem es um die Kennzeichnung von Waren aus dem Westjordanland und den Golanhöhen ging. Frankreich hatte 2016 per Erlass vorgeschrieben, dass die Etiketten von Waren aus diesen Gebieten deren genauen Ursprungsort widerspiegeln müssen. Auf dem Etikett muss demnach "Israelische Siedlung" oder ein ähnlicher Ausdruck stehen. Das französische Wirtschaftsministerium bezog sich dabei auf eine EU-Verordnung.
Dagegen hatten die Organisation Juive Européenne und das auf die Nutzung von Rebflächen insbesondere in den besetzten Gebieten spezialisierte Unternehmen Psagot geklagt.
Hogan argumentierte in seinem Schlussantrag vor Gericht, die EU-Vorschriften zur Kennzeichnung von Produkten berücksichtigten auch "ethische Gesichtspunkte", die das Kaufverhalten von Verbrauchern beeinflussen könnten. So hätten etwa viele europäische Verbraucher in der Zeit der Apartheid vor 1994 den Kauf südafrikanischer Waren abgelehnt. Heutige Verbraucher könnten gegen den Kauf von Produkten aus einem bestimmten Land sein, weil es eine bestimmte Politik verfolge, die sie "ablehnen oder sogar verabscheuen", wird Hogan in einer Mitteilung des EuGH zitiert.
Die israelische Siedlungspolitik sei als "klarer Verstoß gegen das Völkerrecht" anzusehen und könne deshalb ein solcher "ethischer Gesichtspunkt" sein. Das Fehlen des genauen Herkunftsorts oder Ursprungslands könnte den Verbraucher irreführen, erklärte Hogan.
Der EuGH muss Hogans Argumentation nicht folgen, die Rechtsauffassungen des ehemaligen irischen Richters haben jedoch in der Regel hohes Gewicht in den Beratungen des Gerichts. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.
Der Erlass Frankreichs war von Israel scharf kritisiert worden. Die israelische Regierung warf Paris einen Boykott des jüdischen Staates und Doppelmoral vor, da Frankreich andere Gebietsstreitigkeiten auf der Welt ignoriere.
(B. Semjonow--BTZ)