High Court weist gerichtliche Vorladung von Boris Johnson zurück
Der frühere britische Außenminister Boris Johnson muss sich wegen möglicherweise wissentlich falscher Aussagen vor dem Brexit-Referendum doch nicht vor Gericht verantworten. Auf Antrag von Johnsons Anwalt wies der High Court in London am Freitag eine gerichtliche Vorladung des konservativen Politikers zurück. Damit ist eine Hürde für Johnsons Bewerbung um das Amt des Premierministers beseitigt.
Eine Bezirksrichterin hatte Ende Mai beschlossen, Johnson zu Vorwürfen des Fehlverhaltens im Amt zu hören. Sie hatte erklärt, eine Vorladung Johnsons zu einer gerichtlichen Voranhörung sei der Sache angemessen. Nach der Anhörung werde entschieden, ob der Fall vor ein Strafgericht komme. Nur dort könne über die Anschuldigungen verhandelt werden.
Hinter der Klage steht der Geschäftsmann Marcus Ball. Er wirft dem konservativen Politiker vor, vor dem Brexit-Referendum wiederholt über die Kosten der britischen EU-Mitgliedschaft gelogen zu haben. Für das rechtliche Vorgehen gegen Johnson sammelte er Geld im Internet.
Der Brexit-Hardliner hatte vor dem Referendum im Juni 2016 behauptet, Großbritannien zahle wöchentlich 350 Millionen Pfund (400 Millionen Euro) an die Europäische Union - die Summe gilt als stark übertrieben. Johnson war bis kurz vor dem Referendum Bürgermeister von London und warb massiv für den Austritt des Landes aus der Europäischen Union. Wenige Wochen nach dem Referendum wurde er Außenminister.
Auch in diesem Amt versprach er noch, die Geldzahlungen an die EU einzustellen und die Mittel für das Gesundheitssystem des Landes zu nutzen. Die Einsparungen bezifferte er auch damals auf rund 350 Millionen Pfund pro Woche - obwohl die Austrittsbefürworter nach dem erfolgreichen Referendum selbst eingeräumt hatten, diese Berechnung sei grob übertrieben.
Auf Antrag von Johnsons Anwalt wies der High Court am Freitag die Vorladung ab. Die Argumente von Johnsons Anwalt Adrian Darbishire hätten sie und ihren Kollegen überzeugt, erklärte Richterin Anne Rafferty. Dieser hatte die Klage am Freitag als politisch motiviert sowie als Schikane bezeichnet.
Johnson bewirbt sich um die Nachfolge von Premierministerin Theresa May; er will neuer Parteichef der Tories und in der Folge auch Regierungschef werden. May wollte am Freitag den Parteivorsitz abgeben. Als Regierungschefin bleibt sie weiter im Amt, bis ihre Nachfolge geregelt ist - voraussichtlich bis Ende Juli.
(O. Petrow--BTZ)