Erdogan in Kairo: Ägypten und Türkei wollen Beziehungen weiter verbessern
Nach Jahren der Anspannung wollen Ägypten und die Türkei ihre Beziehungen weiter verbessern. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdogan sprachen sich am Mittwoch in Kairo für "eine neue Stufe in den Beziehungen" aus. Sie plädierten zudem für eine Steigerung des Handels auf umgerechnet knapp 14 Milliarden Euro jährlich innerhalb weniger Jahre und eine diplomatische Zusammenarbeit im Nahen Osten und in Afrika. Es war Erdogans erster Besuch seit über einem Jahrzehnt in Ägypten.
Einig waren sich beide Präsidenten auch mit Blick auf den Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen. Erdogan und al-Sisi kritisierten die israelische Kriegsführung und forderten einen Waffenstillstand. Al-Sisi empfing Erdogan auf dem Flughafen in Kairo, bevor beide mehrere Abkommen unterzeichneten.
Erdogan, der sich in den vergangenen Monaten als besonders lautstarker Kritiker des israelischen Vorgehens im Gazastreifen gezeigt und die Hamas verteidigt hatte, griff die Regierung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erneut scharf an. Der türkische Präsident kritisierte Netanjahus "Besatzung, Zerstörung und Massaker".
Die Palästinenser hätten bei dem Treffen mit al-Sisi "ganz oben auf unserer Tagesordnung" gestanden, es sei "unsere Priorität, einen Waffenstillstand so bald wie möglich zu erreichen", sagte Erdogan weiter. Die Türkei sei bereit, mit Ägypten mittelfristig am Wiederaufbau des Gazastreifens zu arbeiten.
Mit Blick auf israelische Vorbereitungen für einen großangelegten Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens forderte Erdogan die internationale Gemeinschaft auf, nicht zuzulassen, dass ein solcher "Wahnsinn" geschehe, der "zu einem Völkermord führen" würde. In der Stadt direkt an der Grenze zu Ägypten sind angesichts der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen mehr als eine Million Flüchtlinge aus anderen Teilen des Palästinensergebietes gestrandet.
Al-Sisi kritisierte "Israels Hindernisse", die dazu führten, dass humanitäre Hilfe zu langsam in den Gazastreifen komme. Ägypten kontrolliert den Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen. Israel pocht darauf, jede Hilfslieferung zu kontrollieren. Ägypten ist gemeinsam mit Katar und den USA ein wichtiges Vermittler-Land in den Bemühungen um die Freilassung von israelischen Geiseln aus dem Gazastreifen und eine neue Waffenruhe in dem Küstenstreifen. Am Dienstag hatte sich eine israelische Delegation in Kairo aufgehalten, am Mittwoch sollten Hamas-Vertreter in die ägyptische Hauptstadt reisen.
Die Beziehungen zwischen Ägypten und der Türkei waren seit 2013 höchst angespannt. Damals hatte der heutige ägyptische Präsident al-Sisi den demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi von den islamistischen Muslimbrüdern abgesetzt, die Erdogans islamisch-konservativen Partei AKP nahestehen.
Erdogan, der Ägypten zuletzt 2012 besucht hatte, sagte nach dem Putsch in Ägypten, er werde niemals mit "jemandem wie Sisi" sprechen. Seit 2021 haben sich die Beziehungen zwischen Ankara und Kairo aber wieder verbessert.
Die Türkei ist ägyptischen Angaben zufolge Ägyptens fünftwichtigster Handelspartner. Seit der gegenseitigen Wiederannäherung haben die beiden Länder auch ihre politische Zusammenarbeit wieder verstärkt.
K. Berger--BTZ