"Recycelte Minister": Macrons neue Regierung in der Kritik
Kaum ernannt, schon in der Kritik: Die nach wochenlangen Verzögerungen nun vollständige französische Regierung hat bei der Opposition umgehend Kritik ausgelöst. "Ich mache mir Sorgen um das Land, wenn ich dieses seltsame Gespann sehe", sagte der linkspopulistische Politiker Manuel Bompard am Freitag dem Sender France Info. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Vorabend 20 zusätzliche Kabinettsmitglieder ernannt.
In der Regierung seien "fanatische Macron-Anhänger ohne Rückgrat", sagte Bompard. Er nannte als Beispiel die frisch ernannte Bildungsministerin Nicole Belloubet, die sich früher gegen Schuluniformen ausgesprochen hatte, diese in ihrem neuen Amt nun aber mindestens testweise einführen soll.
Die 68-Jährige, die zugleich für die Jugend zuständig ist, ersetzt in diesem Ressort die in die Kritik geratene Amélie Oudéa-Castéra. Diese hatte die Wahl einer teuren Privatschule für ihre Kinder auf wenig glaubhafte Weise verteidigt und damit die Lehrerschaft gegen sich aufgebracht. Oudéa-Castéra bleibt aber als Sport- und Olympia-Ministerin weiter in der Regierung.
"Die französische Schule funktioniert nicht so wie sie soll", sagte Belloubet am Freitag bei ihrer Amtseinführung. Ihr Ziel sei es, "soziale Ungleichheiten zu bekämpfen" und "den pädagogischen Ansatz zu reformieren", fügte sie hinzu.
Neuer beigeordneter Minister für Europa ist der 40 Jahre alte Jean-Noël Barrot, der bisher für die Digitalwirtschaft zuständig war. Er wird in seinem neuen Amt auch für die Beziehungen zu Deutschland zuständig sein. Barrots Vater war mehrfach Minister in Frankreich und Vizechef der EU-Kommission. Die bisherige Europa-Staatssekretärin Laurence Boone ist nicht mehr im Kabinett.
Das Wirtschaftsministerium ist künftig auch für die Energiewende zuständig, die bislang im Umweltministerium angesiedelt war - eine Entscheidung, die bei Umweltorganisationen auf Kritik stößt. "Macrons einzige Umweltpolitik besteht darin, Minister zu recyclen", spottete auch der kommunistische Parteichef Fabien Rousseau im Onlinedienst X.
Zum beigeordneten Gesundheitsminister wurde der 57 Jahre alte Frédéric Valletoux ernannt. Das Gesundheitsministerium war im Zuge der Regierungsumbildung mit dem Arbeitsministerium zusammengelegt worden. Die bisherige Doppelministerin Catherine Vautrin kann sich nun auf das Ressort Arbeit konzentrieren.
Trotz der neuen Regierungsmannschaft gilt Macron während seiner zweiten Amtszeit als eingeschränkt handlungsfähig. "Er ist sehr geschwächt, weil das Regierungsbündnis nicht mehr die absolute Mehrheit hat und er selber nicht mehr antreten kann", sagte der Politikwissenschaftler Pascal Perrineau. Das mache ihn zunehmend angreifbar, auch im eigenen Lager, wo viele sich auf die Zeit danach vorbereiteten, fügte er hinzu.
Die neue französische Regierung umfasst 35 Mitglieder, 18 Frauen und 17 Männer. Die meisten einflussreichen Ministerien - Innen, Außen, Verteidigung, Wirtschaft, Justiz, Umwelt und Landwirtschaft - sind allerdings weiterhin in männlicher Hand. Von Frauen besetzt sind die Ressorts Arbeit, Bildung, Kultur, Sport und Hochschulen.
K. Petersen--BTZ