Israelische Armee: Hamas nutzte "strategischen Tunnel" im Gazastreifen für Geiseln
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben im Gazastreifen einen Tunnel entdeckt, in dem die radikalislamische Hamas auch von ihr verschleppte Geiseln unterbrachte. In dem "strategischen Tunnel" seien zu verschiedenen Zeiten in einer Zelle "etwa zwölf Geiseln festgehalten" worden, teilte die Armee am Mittwoch mit. Während US-Außenminister Antony Blinken in Israel über ein Abkommen zur Freilassung weiterer Geiseln sprach, kündigten ägyptische Vermittler für Donnerstag eine neue Verhandlungsrunde an.
Nach Angaben der Armee entdeckten Spezialeinheiten den Hamas-Tunnel in der Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen. Neben der Unterbringung von Geiseln habe er als Versteck für "hochrangige Mitglieder der Hamas-Terrororganisation" gedient.
Drei der Geiseln seien inzwischen zurück nach Israel gebracht worden, die übrigen würden noch im Gazastreifen festgehalten. Um welche Geiseln es sich handelte, teilte die Armee zunächst nicht mit.
Beigefügte Fotos zeigten einen unterirdischen Raum mit gekachelten Wänden und bodentiefen Gittertüren. In einem Armee-Video waren Spezialeinheiten beim Betreten des Tunnels zu sehen. Die Soldaten zeigten in dem Video auch in dem Tunnel entdeckte Handgranaten und Panzerfäuste.
Nach Angaben der Armee lag der Tunnel "im Herzen eines zivilen Gebiets". Die etwa einen Kilometer lange und von der Armee zerstörte Anlage sei Teil eines "weitverzweigten unterirdischen Labyrinths". Zudem sei der Tunnel mit einem anderen kürzlich entdeckten Tunnel verbunden gewesen, in dem ebenfalls Geiseln festgehalten worden seien.
Am 7. Oktober hatten Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen Israel überfallen und zahlreiche Massaker verübt. Sie töteten israelischen Angaben zufolge etwa 1160 Menschen, darunter viele Zivilisten. Rund 250 Menschen wurden zudem als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion auf den Angriff startete Israel einen massiven Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet. Nach jüngsten Hamas-Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seit dem Beginn der israelischen Offensive mehr als 27.700 Menschen im Gazastreifen getötet.
Nach israelischen Angaben sind noch immer 132 Geiseln in der Gewalt der Hamas, 29 von ihnen sollen nicht mehr am Leben sein. "Sie sind in unterirdischen Tunneln gefangen und sehen täglich Dunkelheit, Hunger, Angst, Einsamkeit und sexuellem Missbrauch ausgesetzt", erklärte das Forum der Geisel-Familien.
Bei einem Treffen am Mittwoch mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in Jerusalem äußerte Blinken die Hoffnung auf eine Einigung über die Freilassung von Geiseln aus dem Gazastreifen. Es gebe diesbezüglich aber "noch viel Arbeit zu tun".
Ende November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen Feuerpause mehr als hundert der von der Hamas verschleppten Geiseln im Gegenzug zu 240 palästinensischen Gefängnisinsassen freigekommen, darunter zahlreiche deutsch-israelische Doppelstaatler. Blinken sagte auch, er berate mit Israel über "weitere Schritte", um Hilfsgüter für die notleidende Zivilbevölkerung in den Gazastreifen zu bringen.
Vor seinem Besuch in Israel hielt sich der US-Diplomat in Saudi-Arabien, Ägypten und Katar auf. Katars Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani sagte am Dienstag bei einem Treffen mit Blinken, Doha habe "eine Antwort von der Hamas erhalten, die sich auf den allgemeinen Rahmen der Vereinbarung über die Geiseln bezieht".
Derweil verlautete aus ägyptischen Verhandlungskreisen, dass für Donnerstag eine weitere Verhandlungsrunde in Kairo angesetzt sei.
A. Madsen--BTZ