SPD will mehr Steuern und Forschungsmilliarden für den Osten
Wenige Monate vor den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern fordert die SPD eine Neuregelung bei der Verteilung der Steuereinnahmen zwischen den Bundesländern. Das geht aus dem "Zukunftsprogramm Ost" hervor, das die ostdeutschen Sozialdemokraten am Samstag bei einem Konvent in Erfurt beschließen wollen, wie BERLINER TAGESZEITUNG am Donnerstag erfuhr.
30 Jahre nach dem Mauerfall passe es nicht ins Bild, dass bei den Steuereinnahmen zwischen Ost und West größere Unterschiede bestünden als bei der Wirtschaftskraft, heißt es in dem 22-seitigen Papier. Von den Steuereinnahmen der Länder erhalte der Osten pro Kopf nur etwa 55 Prozent, obwohl die ostdeutschen Arbeitnehmer 75 Prozent der Wirtschaftsleistung ihrer westdeutschen Kollegen erreichten.
Diese strukturelle Schieflage zulasten der ostdeutschen Länder bei der Verteilung der Einnahmen bei Einkommens- und Körperschaftssteuer müsse nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II Ende 2019 durch neue Verteilschlüssel, die sich etwa an der Einwohnerzahl orientierten, beseitigt werden. "Die Vorteile wären mehr regionale Gerechtigkeit und die Möglichkeit zu mehr Investitionen in jenen Gebieten, die sie besonders benötigen", heißt es in dem Konzept. Das solle für strukturschwache Regionen in Ost und West gelten.
Die SPD fordert darüber hinaus, Forschungsprojekte des Bundes bei Künstlicher Intelligenz, Batteriezellen, Wasserstoff und Digitalisierung vor allem in Ostdeutschland anzusiedeln. Mit einem "Vorsprung Ost" auf wichtigen Zukunftsfeldern könne es gelingen, neue Industrien und Arbeitsplätze dauerhaft in ostdeutsche Regionen zu ziehen.
Auch beim Aufbau des superschnellen Mobilfunknetzes 5G soll es einen Vorrang Ost geben. Es müsse einen Bonus geben für Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte. "Wir brauchen eine Versorgung bis in die kleinen Dörfer und zur letzten Milchkanne", heißt es in dem SPD-Papier. Um die Akzeptanz der Energiewende mit heftig umstrittenen Windparks und Stromtrassen zu erhöhen, sollen Betreiber und Investoren eine "verpflichtende, umsatzabhängige Abgabe" an die Kommunen zahlen, damit Anwohner direkt profitierten.
Um mehr Ostdeutsche in Führungspositionen zu bringen, schlagen die Sozialdemokraten eine Selbstverpflichtung von Politik, Medien, Wirtschaft, Verbänden und Justiz vor. Zwingend sei es, das Bundesverfassungsgericht schnellstmöglich auch mit ostdeutschen Richtern zu besetzen.
Zur Aufarbeitung der Nachwendezeit mit der Bewertung von Erfolgen und Fehlern regt die SPD an, in einer mittelgroßen ostdeutschen Stadt ein "Zukunftszentrum-Ost zur Deutschen Einheit" aufzubauen. Dort sollten ost- und westdeutsche Erfahrungen und Lebensbiografien gesammelt werden. Anfang September und Ende Oktober werden in Brandenburg, Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt.
(L. Andersson--BTZ)