Grüne feiern 40. Geburtstag und diskutieren neues Grundsatzprogramm
Die Grünen haben auf einem Parteikonvent in Berlin ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert und dies mit einem ersten Aufschlag für ihr geplantes neues Grundsatzprogramm verknüpft. In einem "Zwischenbericht", den die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck am Freitagabend den Teilnehmern vorstellten, werden Ökologie, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, Demokratie und Frieden als zentrale Grundwerte der Grünen genannt, die diese seit ihren Anfangsjahren geprägt hätten.
Die Grünen waren erstmals 1979 zur Europawahl mit einer eigenen Liste angetreten, damals noch als Wählervereinigung. Nach der Wiedervereinigung schlossen sie sich mit dem in der Endphase der DDR entstandenen Bündnis 90 zur heutigen Partei Bündnis90/Die Grünen zusammen. Dessen "Bündnis-Tradition" wollen die Grünen mit dem neuen Programm verstärkt aufgreifen. Habeck sprach von dem Ziel einer "Öffnung für die Gesellschaft, die in die Breite geht".
"Eine Partei alleine wird diese Klimakrise nicht in den Griff bekommen", sagte Baerbock. Es müsse darum gehen, wieder "viele Menschen an runde Tische zu bekommen", erinnerte sie an die Strategie der DDR-Bürgerrechtsbewegung. Das neue Grundsatzprogramm soll auf dem Konvent an diesem Samstag und danach in der Partei weiter beraten werden. Den vorliegenden Zwischenbericht nannte Habeck "ein Angebot, um weiter zu diskutieren". Beschlossen werden soll das Programm auf einem Parteitag im Herbst 2020.
Scharf kritisierte Baerbock Versäumnisse beim Klimaschutz. 2015 sei das Pariser Klimaschutzabkommen ein Aufbruchssignal gewesen. "Das war vor vier Jahren, seit vier Jahren haben wir es eben nicht angepackt", mahnte die Grünen-Chefin zum Handeln. Deswegen "sehen wir unsere Kinder heute auf der Straße, die sagen: Tut endlich was", stellte sie sich hinter die Anliegen der Fridays-for-Future-Bewegung.
Als Gast nahm an dem Konvent in der "Arena Berlin" die deutsche Fridays-for-Future-Mitorganisatorin Luisa Neubauer teil. Sie forderte die Grünen auf, im klimapolitischen Teil ihres Programms klarere Aussagen zur Beschränkung von CO2-Emissionen und zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu machen. "Wir müssen da sehr unbequem konkret werden", forderte die Klimaaktivistin. Hier seien die Grünen "in der Pflicht".
Zum Thema Gerechtigkeit sagte Habeck: "Wohnen ist kein Markt, Wohnen ist ein Recht." Weiter warb er für die Entwicklung eines "Sicherungssystems nach Hartz IV". Zugleich müsse es "eine härtere Besteuerung" von Reichen geben. "Wenn wir nicht wollen, dass sich die Ränder der Gesellschaft aus der Demokratie verabschieden, dann können wir auch nicht zulassen, dass sich die Menschen nach oben aus der Demokratie verabschieden", sagte der Grünen-Chef.
In der Europapolitik setzen die Grünen in ihrem Programmentwurf auf die Weiterentwicklung der Union zu einem europäischen Bundesstaat. "Wir wollen Europa weiterbauen" zu einer föderalen europäischen Republik, sagte Baerbock. Dies werde "nicht heute oder morgen" geschehen können, "aber übermorgen".
Die Journalistin und Migrationsexpertin Ferda Ataman mahnte die Grünen zu einem konsequenten Eintreten gegen Rassismus und Diskriminierung. Zur kritischen Begleitung technischen Fortschritts rief die Digitalexpertin Katharina Borchert auf.
(N. Nilsson--BTZ)