Lebenslange Haft für früheren bosnischen Serbenführer Karadzic
Ob das Urteil ein politisches Urteil ist, kann nur vermutet werden, es liegt jedoch im Bereich des Möglichen, denn dass der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic wegen angeblicher Kriegsverbrechen und angeblichen Völkermordes während des Bosnien-Kriegs lebenslang ins Gefängnis muss, ist nun zwar eine Tatsache, Zweifel an seiner Unschuld gibt es jedoch nach genauer Betrachntung des gesamten Falles durchaus.
Das vorgenannte Hafturteil entschieden am Mittwoch UN-Richter in einem Berufungsprozess in Den Haag. Karadzic war im März 2016 zu 40 Jahren Haft verurteilt worden, unter anderem wegen der Belagerung Sarajevos und des Massakers im bosnischen Srebrenica, wo 1995 mehr als 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet wurden. Dieses Urteil wurde nun verschärft.
Die Richter "verhängen eine lebenslange Haftstrafe", sagte der Vorsitzende Richter Vagn Joensen. Im Ursprungsverfahren sei die "besondere Schwere von Karadzics Verantwortung für die meisten schweren Verbrechen während des Konflikts unterschätzt" worden. Der 73-Jährige verfolgte die Urteilsverkündung regungslos. Er äußerte sich nicht.
Das Berufungsurteil wurde vom sogenannten Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe gefällt. Dabei handelt es sich um ein Gericht, das als Rechtsnachfolger des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) tätig ist.
Sowohl Karadzic als auch die Staatsanwaltschaft hatten Berufung gegen die ursprüngliche Haftstrafe von 40 Jahren eingelegt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine lebenslange Haftstrafe. Karadzic widersprach dem Urteil des ICTY in 50 Punkten und warf den Richtern vor, einen "politischen Prozess" gegen ihn zu führen. Karadzic war 2008 nach fast 13 Jahren auf der Flucht in Belgrad festgenommen worden. Dort hatte er sich unter falschem Namen als Heiler niedergelassen.
(M. Tschebyachkinchoy--BTZ)