
Ringen um Schritte bei Migration geht weiter - Länder wollen sich rasch abstimmen

Bund, Länder und Kommunen ringen weiter um ein wirksames Vorgehen in der Migrationspolitik. Die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer wollen bei einem vorgezogenen Treffen Mitte Oktober über weitere Schritte beraten, wie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dem "Stern" sagte. Beratungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Flüchtlingsfinanzierung gingen derweil ohne Ergebnis zu Ende. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erhielt am Dienstag für ihre Überlegungen zu Grenzkontrollen Unterstützung aus der SPD-Fraktion - die Grünen blieben aber skeptisch.
Das Thema Migration werde "mit Sicherheit schon auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz Mitte Oktober intensiv behandelt werden", sagte Weil dem "Stern". Bislang sollte das Thema erst bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 6. November mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besprochen werden.
Zuvor, am 12. Oktober, kommen die Länderchefinnen und -chefs zu ihrer internen Jahrestagung ohne Scholz zusammen, bei der Weil auch den MPK-Vorsitz an die hessische Landesregierung übergeben wird. Die Flüchtlingspolitik sei angesichts des Drucks auf die Kommunen nicht aufschiebbar, hieß es dem Magazin zufolge aus Länderkreisen. Es gelte, die Beratungen mit dem Kanzler gut vorzubereiten.
Eine verlässliche Mitfinanzierung des Bundes bei den Flüchtlingskosten sei "überfällig, um die Lasten der Kommunen auf ein erträgliches Maß zu bringen", betonte Weil. Die Unterbringung und Versorgung der vielen Geflüchteten müsse noch stärker als bislang als eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen angesehen werden.
Eine vor mehr als vier Monaten eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Flüchtlingsfinanzierung konnte sich aber erneut nicht auf ein Ergebnis verständigen. Der Bund bot den Kommunen für die Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten im kommenden Jahr 1,7 Milliarden Euro an - deutlich weniger als in diesem Jahr.
Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetags, sprach am Dienstag von einem "Trauerspiel". Wichtig sei, "dass am Ende ein atmendes Finanzierungssystem steht, dass sich den Flüchtlingszahlen anpasst".
Bundesinnenministerin Faeser erhielt für ihre Pläne zu stationären Grenzkontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien, über die derzeit besonders viele Migranten ins Land kommen, Rückendeckung von der SPD-Fraktion. Solche Kontrollen seien "richtig", auch wenn es angesichts der Herausforderungen in der Migrationspolitik "nicht die eine Lösung" gebe, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte hingegen, "stationäre Grenzkontrollen sind nicht die überzeugende Antwort ". Die Freizügigkeit in Europa gehöre "zum Alltag vieler Menschen in den Grenzregionen".
Ministerin Faeser bezeichnete die geplanten Grenzkontrollen im Deutschlandfunk als "zusätzliches Instrumentarium". Zwar könnten dadurch asylsuchende Menschen an der Grenze nicht zurückgewiesen werden - allerdings werde der Kampf gegen Schleuser durch Grenzkontrollen erleichtert.
Sie gehe davon aus, dass derzeit jeder vierte oder fünfte Migrant durch Schleusung nach Deutschland gelange, sagte Faeser. Genaue Zahlen gebe es aber nicht.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach sich gegen stationäre Grenzkontrollen zur Eindämmung der Migration aus. "Wir sprechen uns als GdP gegen stationäre, feste Grenzkontrollen aus, weil wir das in der polizeilichen Arbeit nicht als effektiv ansehen", sagte die Vizevorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Erika Krause-Schöne, der "Rheinischen Post". Dauerhafte stationäre Grenzkontrollen seien auch eine "dauerhafte Belastung" und "sehr personalintensiv". Die Bundespolizei wolle lieber "agil auf der Grenzlinie" agieren können.
Auch aus der Wirtschaft kommt Widerstand. Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, warnte im "Handelsblatt" vor den Folgen für Geschäftsleute, Dienstleister, Handwerker oder Touristen. "Stationäre Kontrollen bringen den Reise- und Warenverkehr zwar nicht zum Erliegen, führen aber zwangsläufig zu Verzögerungen", warnte Treier. Daher müsse die Politik hier "sehr sensibel" vorgehen.
L. Andersson--BTZ