
Ukraine greift Hauptquartier der Schwarzmeerflotte auf der Krim an

Die Ukraine hat am Freitag das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim angegriffen. Nach Angaben der Behörden der von Russland annektierten Halbinsel brach durch den Raketenangriff in dem Hauptquartier in Sewastopol ein Feuer aus, ein russischer Soldat galt danach als vermisst. Die ukrainische Armee sprach von einem "erfolgreichen Angriff". Wenig später meldeten die Behörden auf der Krim zudem eine "beispiellose" Cyberattacke auf die Internetdienste der Halbinsel.
"Am 22. September, gegen 12.00 Uhr, haben die ukrainischen Verteidigungskräfte einen erfolgreichen Angriff auf das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte Russlands im vorübergehend besetzten Sewastopol ausgeführt", teilte der Pressestab der ukrainischen Armee im Onlinedienst Telegram mit. Der ukrainische Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk sagte nach dem Angriff: "Ich möchte mich noch einmal bei den Piloten der Luftwaffe bedanken." Bisher hat sich die Ukraine nur selten direkt zu Angriffen auf russische Einrichtungen oder auf russische Gebiete bekannt.
Zuvor hatte der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, im Onlinedienst Telegram mitgeteilt, dass das Hauptquartier der Flotte im Zentrum der Stadt "bei einem feindlichen Raketenangriff getroffen worden" sei. In der Nähe des Lunatscharski-Theaters seien Raketenteile niedergegangen. Die Rettungsdienste seien vor Ort. Die Feuerwehr ergreife alle Maßnahmen, um das Feuer so schnell wie möglich zu löschen. Zehn Wohnhäuser seien leicht beschädigt worden, aber "niemand wurde verletzt".
Laut einem Korrespondenten der russischen Nachrichtenagentur Tass vor Ort lagen Trümmer im Umkreis von mehreren hundert Metern um das Hauptquartier. Zahlreiche Rettungswagen waren am Angriffsort in Einsatz.
In einer zweiten Mitteilung warnte Raswoschajew vor einem weiteren "möglichen" Luftangriff und rief die Bewohner der 500.000-Einwohner-Stadt auf, zuhause zu bleiben. "Bitte kommen Sie nicht ins Stadtzentrum. Bleiben Sie in den Gebäuden", erklärte er. Wer sich in der Nähe des Marine-Hauptquartiers befinde, solle sich bei Sirenenalarm in die Schutzräume begeben. Am frühen Nachmittag wurde der Alarm aufgehoben.
Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, das russische Luftabwehrsystem habe fünf Raketen abgeschossen. Es räumte aber auch ein: "Das historische Hauptquartier der Schwarzmeerflotte wurde beschädigt." Demnach wurde ein Militärangehöriger vermisst. Zunächst war von einem Toten bei dem Angriff die Rede gewesen.
Das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte liegt im Zentrum von Sewastopol in der Nähe von stark besuchten Parks und Museen. Es war bereits am 31. Juli 2022 getroffen worden, sechs Menschen wurden damals verletzt.
Die russische Schwarzmeerflotte ist im Hafen von Sewastopol stationiert. Dort befindet sich eines der Kommandozentren der russischen Offensive gegen die Ukraine. Von dort werden die russischen Besatzungstruppen im Süden der Ukraine versorgt und Raketenangriffe ausgeführt.
Der ebenfalls am Freitag ausgeführte Cyberangriff richtete sich gegen die Internetdienstleister auf der Krim, wie ein Berater des Gouverneurs der Krim im Onlinedienst Telegram mitteilte, ohne direkt einen Zusammenhang zwischen den beiden Angriffen herzustellen. "Wir sind dabei, die Internet-Pannen auf der Halbinsel zu beheben," betonte Oleg Kriutschkow.
Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Februar vergangenen Jahres war die Krim immer wieder Ziel von Angriffen, die sich zuletzt verstärkten. Kiew hat wiederholt betont, die Krim zurückerobern zu wollen, die Russland 2014 annektiert hatte.
Ukrainische und russische Angriffe auf und am Schwarzen Meer haben zugenommen, seitdem Moskau das Getreideabkommen aufgekündigt hat, das der Ukraine den Transport von Getreide über das Schwarze Meer ermöglicht hatte.
Am Donnerstag hatte die ukrainische Armee nach eigenen Angaben einen russischen Militärflugplatz auf der Krim in der Nähe der Stadt Saky angegriffen. Zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich auf dem Militärflugplatz mindestens ein Dutzend Kriegsflugzeuge und ein Panzer-Raketenabwehrsystem befunden, hieß es aus Kreisen des ukrainischen Geheimdienstes SBU, der an dem "kombinierten Angriff" beteiligt war.
Kiew hat auch mehrfach die einzige Brücke zwischen der Krim und dem russischen Festland angegriffen und getroffen. Am Freitag teilten russische Behördenvertreter mit, der Verkehr auf der Brücke sei vorübergehend ausgesetzt worden. Auch der zivile Schiffsverkehr in Sewastopol wurde gestoppt, wie die von Russland eingesetzten Behörden mitteilten, ohne nähere Angaben zu machen.
M. Tschebyachkinchoy--BTZ