
Neukaledonien: Unabhängigkeitsbewegung und das Referendum

Die Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung im französischen Überseegebiet Neukaledonien haben das Ergebnis des Referendums über einen Verbleib bei Frankreich abgelehnt. Die Unabhängigkeitsbefürworter erklärten am Montag, sie würden "die Legitimität und Gültigkeit dieser Abstimmung" nicht anerkennen. Das Referendum habe "weder dem Geist noch dem Wortlaut des Abkommens von Nouméa" entsprochen.
Die überwiegend aus Nachfahren der Ureinwohner bestehende Unabhängigkeitsbewegung hatte die Abstimmung am Sonntag boykottiert. Mit einer überwältigenden Mehrheit von 96,5 Prozent hatten die Bewohner der Inselgruppe im Südpazifik dafür votiert, Teil Frankreichs zu bleiben. Allerdings war die Beteiligung mit knapp 44 Prozent äußerst niedrig.
Die Inselgruppe Neukaledonien, die 2000 Kilometer östlich von Australien liegt, gehört seit 1853 zu Frankreich und besitzt nach wie vor geostrategische Bedeutung für Paris. In den 80er Jahren hatten Konflikte zwischen Nachfahren der Ureinwohner und europäischstämmigen Bewohnern gewalttätige Zusammenstöße ausgelöst, bei denen mehr als 70 Menschen starben. Als Reaktion wurde das Nouméa-Abkommen geschlossen, das eine Dezentralisierung der Macht sowie bis zu drei Unabhängigkeitsreferenden bis 2022 vorsieht.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte nach der Abstimmung eine "Phase des Übergangs" für Neukaledonien an. Dennoch wird befürchtet, dass das Ergebnis erneut zu ethnischen Spannungen wie in den 80er Jahren führen könnte. Die ärmere, von den Ureinwohnern abstammende Bevölkerung Neukaledoniens befürwortet mehrheitlich eine Unabhängigkeit von Frankreich, während die wohlhabendere weiße Bevölkerung mehrheitlich Frankreich zugehörig bleiben möchte.
(S. Sokolow--BTZ)