Russland und Belarus starten riesiges Militärmanöver Sapad-2021
Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen Belarus und seinen westlichen Nachbarn hat die Armee des Landes gemeinsame Militärübungen mit Russland begonnen. Das riesige Manöver Sapad-2021 wurde am Freitag nahe der Grenze zur EU gestartet und soll nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums eine Woche dauern. Beteiligt sind demnach etwa 200.000 Soldaten, mehr als 80 Flugzeuge und Helikopter, 760 Kriegsfahrzeuge, darunter über 290 Panzer, und bis zu 15 Schiffe.
Die Übungen finden nach Angaben Moskaus in Belarus, dem westlichen Teil Russlands sowie auf der Ostsee statt. Von der Nato und den osteuropäischen Nachbarstaaten Russlands und Belarus wird das Manöver mit Sorge beobachtet.
Auch die Bundesregierung verfolgt das Manöver "mit großer Aufmerksamkeit", wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin sagte. Sollten daran tatsächlich 200.000 Soldaten beteiligt sein, wäre das Manöver "außerordentlich groß". An der größten Nato-Übung der vergangenen Jahre hätten 40.000 Armeeangehörige teilgenommen, betonte sie.
Die Spannungen zwischen Belarus und seinen EU-Nachbarn Litauen, Lettland und Polen hatten in den vergangenen Monaten erheblich zugenommen. Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Migranten aus dem Nahen Osten absichtlich über die Grenzen dieser Länder in die EU zu schleusen, um auf diese Weise Vergeltung für europäische Sanktionsbeschlüsse zu üben.
In Polen gilt seit Anfang September ein beispielloser Ausnahmezustand im Grenzgebiet zu Belarus. Zuvor hatte die Regierung in Warschau angesichts tausender illegaler Grenzübertritte von einer "hybriden Bedrohung" gesprochen.
Zu dem belarussisch-russischen Militärmanöver sagte Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak, dieses sei ein Test des polnischen "Immunsystems". Die Übungen böten Moskau und Minsk die Möglichkeit zu "hybriden Aktivitäten" wie "Desinformation, Provokationen und Grenzzwischenfällen", sagte der Minister in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "Polska Times". Er warnte zudem vor einem "erhöhten Migrationsdruck" auf Polen, Lettland und Litauen als Folge der Übungen.
Mit Blick auf den Migrationsstreit mit Belarus fordert auch die Bundesregierung laut einem Bericht des "Spiegel" mehr Druck auf die Verantwortlichen in Minsk. Demnach drängen deutsche Vertreter in den zuständigen EU-Gremien darauf, die bestehenden Sanktionen gegen Belarus auf Einzelpersonen und Organisationen zu erweitern, die an den mutmaßlichen Schleuseraktivitäten beteiligt sind.
Laut einem vertraulichen Papier des Auswärtigen Amtes in Berlin, auf das sich der "Spiegel" bezieht, kommen für die künftigen Strafmaßnahmen etwa belarussische Grenztruppen, staatliche Reisebüros oder Fluglinien in Frage. Dem Bericht zufolge gibt es unter den anderen EU-Staaten breite Unterstützung für den Vorschlag.
Lukaschenko ist seit seiner von massiven Fälschungsvorwürfen überschatteten Wiederwahl im vergangenen Jahr international weitgehend isoliert. Zuletzt näherten sich Belarus und Russland immer stärker an. Am Donnerstag verkündeten Lukaschenko und Kreml-Chef Wladimir Putin die weitere Vertiefung der belarussisch-russischen Beziehungen. Neben der wirtschaftspolitischen Integration sei auch die Einrichtung eines "einzigen Verteidigungsraums" Thema seines Gesprächs mit Putin gewesen, sagte Lukaschenko.
Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, die Bundesregierung beobachte die Entwicklungen im belarussisch-russischen Verhältnis "sehr genau". Dazu gehöre auch, genau hinzusehen, "welche der Ankündigungen wann umgesetzt werden". Für Berlin liege es "auf der Hand, dass die belarussische Souveränität gewahrt bleibt".
(A. Bogdanow--BTZ)