Grippeschutzimpfung trotz Corona weiterhin nur für Risikopatienten empfohlen
In Deutschland wird die Grippeschutzimpfung ungeachtet der Corona-Pandemie weiterhin nur für Risikopatienten wie ältere und chronisch kranke Menschen empfohlen. Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut, Thomas Mertens, begründete dies am Freitag in den Sendern RTL und ntv mit drohenden Engpässen beim Grippeimpfstoff bei einer großen Nachfrage wegen Corona und der unsicheren Datenlage.
"Wenn wir jetzt eine Impfung für die gesamte Bevölkerung empfehlen würden, dann würden wir sozusagen Impfstoff absaugen, und die Gruppe, die eigentlich geimpft werden soll, hätte nicht genug Impfstoff", sagte Mertens. Damit bleibt es auch im Pandemieherbst bei der gängigen Empfehlung der Grippeimpfung nur für Risikogruppen. Dazu zählen Ältere über 60 Jahre, chronisch Kranke mit Grundleiden wie Diabetes, Asthma oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, medizinisches Personal und Pflegekräfte sowie Schwangere.
Würden sich all diese Gruppen impfen lassen, würden Mertens zufolge 40 Millionen Impfdosen benötigt. Zur Verfügung stünden aber nur ungefähr 25 Millionen Dosen. Ausschlaggebend sei, wie viele sich am Ende wirklich impfen lassen. "Wenn ein großer Run auf die Impfung entstehen würde, dann könnte es auch bei der bestehenden Stiko-Empfehlung knapp werden", sagte der Impfexperte. Es sei nicht möglich, mehrere Millionen zusätzliche Dosen nachzubestellen, weil der Grippeimpfstoff für die kommende Saison schon produziert sei.
Mertens verwies zudem auf fehlende Daten darüber, wie sich eine Grippeimpfung auf den möglichen Verlauf einer gleichzeitigen Infektion mit dem Coronavirus auswirke. Bislang werde nur vermutet, dass gleichzeitige Infektionen mit Influenza und dem Sars-Coronavirus-2 besonders schwer verliefen. Auf der Basis von Vermutungen aber "kann die Stiko und will die Stiko keine Impfempfehlung machen", betonte Mertens.
Laut Umfragen wollen sich in diesem Jahr mehr Deutsche gegen Grippe impfen lassen. Zudem empfiehlt Ärztepräsident Klaus Reinhardt eine möglichst lückenlose Grippeimpfung der Erzieher und Lehrer, während Kinderärzte zu Grippeimpfungen bei Kindern raten. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) riet angesichts der Corona-Pandemie zur Grippeimpfung.
Das für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut trat bereits Befürchtungen entgegen, es könne zu Engpässen beim Grippeimpfstoff kommen. Angesichts des Impfverhaltens der Bevölkerung in den vergangenen Jahren und der für diese Saison erwarteten mindestens 25 Millionen Impfdosen sei damit zu rechnen, dass die Grippeimpfstoffe ausreichten, hieß es.
(N. Lebedew--BTZ)