China wegen neuen Coronavirus zusehends international unter Druck
Angesichts der ungebremsten Verbreitung des neuartigen Coronavirus gerät China international zusehends unter Druck. Die USA riefen am Freitag einen Gesundheitsnotstand aus und untersagten Besuchern aus China die Einreise. Derweil fliegen immer mehr Länder wegen der Epidemie ihre Staatsbürger aus China aus. Am Samstag wurde eine Militärmaschine mit mehr als hundert Deutschen in Frankfurt erwartet. In Deutschland wurden mittlerweile sieben Infektionen mit 2019-nCoV nachgewiesen.
US-Gesundheitsminister Alex Azar erklärte, Nicht-US-Bürgern, die sich in den vergangenen zwei Wochen in China aufgehalten haben, werde die Einreise verboten. Ausnahmen gebe es für enge Familienmitglieder von US-Bürgern und Menschen mit ständiger Aufenthaltsgenehmigung. Die Anweisung gilt ab dem 2. Februar.
Die zuvor beschlossene US-Reisewarnung für China hatte die Regierung in Peking als unfreundlichen Akt kritisiert. Länder wie Italien, Singapur und die Mongolei haben ähnliche drastische Schutzvorkehrungen ergriffen.
US-Bürger, die sich in der chinesischen Provinz Hubei aufhielten, sollen zudem zwei Wochen lang unter Quarantäne gestellt werden. In der zentralchinesischen Provinz liegt auch die Millionenmetropole Wuhan. Dort war das Virus im Dezember zum ersten Mal aufgetreten. Reisende aus anderen Teilen Festland-Chinas werden Azar zufolge gebeten, sich vorsorglich freiwillig in Quarantäne zu begeben. Auch die 195 aus Wuhan ausgeflogenen US-Bürger wurden für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt.
Wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte, startete am Samstag aus China eine Maschine der Luftwaffe, die wegen des neuartigen Coronavirus mehr als hundert Deutsche zurück in die Heimat bringen soll. Nach einer Untersuchung am Flughafen werden die Passagiere für eine zweiwöchige Quarantäne in einer Kaserne in Germersheim in Rheinland-Pfalz gebracht.
Bisherigen Erkenntnissen zufolge ist von den aus China ausgeflogenen deutschen Staatsbürgern keiner mit dem Coronavirus infiziert. In Deutschland gibt es mittlerweile sieben Menschen, bei denen der Erreger nachgewiesen wurde.
Es handelt sich um sechs Mitarbeiter des Zulieferbetriebs Webasto im bayerischen Landkreis Starnberg sowie ein Kind von einem von ihnen. Von Deutschland aus breitete sich das Virus offenbar erstmals auch nach Spanien aus. Das spanische Gesundheitsministerium bestätigte am Freitagabend via Twitter einen Infektionsfall auf der Kanareninsel La Gomera.
Der Patient, der wegen der Erkrankung in einem Krankenhaus isoliert worden sei, gehört demnach zu einer Gruppe aus fünf Menschen, die Kontakt mit einem Infizierten in Deutschland gehabt hätten. Sie alle stünden nun unter der Beobachtung der örtlichen Gesundheitsbehörden. In Frankreich wurden etwa 180 Menschen, zumeist Franzosen, nahe Marseille unter Quarantäne gestellt, die aus Wuhan ausgeflogen worden waren.
In China stieg die Zahl der Infizierten bis Samstag auf 11.791, wie die Nationale Gesundheitskommission mitteilte. Bislang starben in der Volksrepublik demnach 259 Menschen an der Atemwegserkrankung, die bereits während der bis zu zwei Wochen dauernden Inkubationszeit von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief am Donnerstag einen internationalen Gesundheitsnotstand aus.
Der Chef der Kommunistischen Partei in Wuhan räumte Fehler im Umgang mit dem Virus ein. "Wenn früher strikte Kontrollmaßnahmen ergriffen worden wären, wäre das Ergebnis besser gewesen als jetzt", sagte Ma Guoqiang Staatsmedien. Er befinde sich in einem "Zustand der Schuld, des Bedauerns und der Selbstvorwürfe".
Mitte Dezember hatte sich erstmals ein Mensch in China mit 2019-nCoV infiziert. In den letzten Januarwochen stellten die Behörden Wuhan und weitere Städte mit Dutzenden Millionen Einwohnern de facto unter Quarantäne, schränkten den Reiseverkehr massiv ein und verschoben den Unterrichts- und Vorlesungsbeginn.
Die Zahl der Infizierten und Todesopfer wächst dennoch immer schneller. In einer Studie, die am Freitag im Fachblatt "The Lancet" veröffentlicht wurde, schätzen Experten der Hongkonger Universität die tatsächliche Zahl der Infizierten allein in Wuhan auf 75.815.
(K. Petersen--BTZ)