Gerichtsentscheid in Streit um Michelin-Stern am Dienstag
War die Kritik gerechtfertigt oder unangebracht? Ein französisches Gericht entscheidet am Dienstag darüber, ob der berühmte Restaurantführer Guide Michelin einem Starkoch die geheimen Kriterien für die Aberkennung seines dritten Sterns offenlegen muss. Das Urteil könnte die Welt der Gourmet-Restaurants auf den Kopf stellen.
Spitzenkoch Marc Veyrat wehrt sich mit der Klage vor dem Gericht in Nanterre bei Paris gegen die Streichung seines dritten Sterns in der aktuellen Ausgabe des Michelin-Führers. Der 69-Jährige sieht sich durch die Entscheidung "entehrt". Sein Anwalt Emmanuel Ravanas verlangt Aufschluss über die genauen Bewertungskriterien des Michelin-Führers und über den Kritiker, der Veyrats Restaurant "La Maison des Bois" in Manigod in den französischen Alpen abwertete.
Im Zentrum des Gerichtsstreits steht ein Soufflé, das Veyrat nach Überzeugung eines Michelin-Kritikers mit angeblich minderwertigem englischem Cheddar-Käse zubereitete und nicht wie von ihm angegeben mit traditionellen französischen Sorten wie Reblochon oder Beaufort. In der britischen Presse ist deshalb von "Cheddar-Gate" die Rede.
Bei einem Treffen mit dem neuen Micheln-Direktor Gwendal Poullennec im März war dem Sternekoch zudem die labbrige Konsistenz einer Jakobsmuschel vorgehalten worden - bei der es sich laut Veyrat in Wirklichkeit aber um einen Fisch aus der Region handelte. "Ich habe großen Respekt für den Michelin, doch in meinem Fall haben sie einen Fehler gemacht und sollten dies eingestehen", sagte der für seinen schwarzen Hut und seine Sonnenbrille bekannte Sternekoch zu dem Streit der Nachrichtenagentur AFP.
Veyrat verlangt in dem Prozess einen symbolischen Euro Schadenersatz. Er will zudem lieber ganz aus dem Michelin-Führer gestrichen werden als nur mit zwei Sternen gelistet zu sein. Der Michelin-Verlag hat eine Gegenklage eingereicht und verlangt von dem Koch 30.000 Euro Schadenersatz.
Michelin-Anwalt Richard Malka nannte Veyrat eine "narzisstische Diva" und den Prozess eine "Farce". Der Koch verlange, dass Gastro-Kritiker nicht mehr ihre Meinung äußern dürften - "und das, weil sein Restaurant nur noch als exzellent gewertet wird und nicht mehr als brillant", sagte er AFP. Zum Prozessauftakt im November betonte Malka, die Gastronomieführer seien für die Kunden da - und "nicht das Eigentum der Köche".
Nur wenige Tage vor der Anhörung im November hatte Michelin-Rivale Gault&Millau Veyrat zu einem der zehn größten Spitzenköche ernannt - neben Legenden wie Alain Ducasse und Guy Savoy.
(D. Wassiljew--BTZ)