Wissenschaftler beobachten weltweit Temperaturanstieg in Permafrostböden
Der Klimawandel hinterlässt einer internationalen Untersuchung zufolge weltweit deutliche Spuren in den Permafrostböden. Deren Temperatur sei zwischen 2007 und 2016 im Durchschnitt um 0,3 Grad Celsius angestiegen, wie das Alfred-Wegener-Institut (AWI) am Mittwoch in Bremerhaven mitteilte. AWI-Experten beteiligten sich führend an einer großangelegten Langfriststudie des Permafrostnetzwerks GTN-P, an der insgesamt über 50 Forschergruppen aus 26 Staaten teilnahmen.
Die Wissenschaftler, die ihre Ergebnisse nun im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlichten, bohrten dafür in Permafrostzonen weltweit 154 Löcher und statteten sie mit Messgeräten aus. Damit beobachteten sie die Temperaturentwicklung über einen Zeitraum von zehn Jahren. Besonders stark erwärmte sich der dauerhaft gefrorene Boden demnach im russischen Sibirien - und zwar um beinahe ein Grad Celsius.
Aber auch in anderen arktischen Gebieten, der Antarktis sowie den Hochgebirgen Europas und Asiens gab es teils deutliche Anstiege, wie die Experten unter Berufung auf ihre Analysen berichteten. "All diese Daten zeigen uns, dass sich der Permafrost nicht nur lokal und regional erwärmt, sondern weltweit und nahezu im Takt mit der Klimaerwärmung", erklärte der AWI-Permafrostexperte Guido Grosse.
Etwa ein Sechstel der gesamten Erdoberfläche gilt nach Angaben des AWI als Permafrostgebiet. Dort ist der Boden teilweise schon seit tausenden Jahren gefroren. Taut er, drohen Probleme für Mensch und Umwelt. Unter anderem können Gebäude und Straßen instabil werden.
In den teils mehrere hundert Meter dicken Permafrostschichten der Arktis sind außerdem seit der letzten Eiszeit gigantische Mengen Biomasse aus abgestorbenen Pflanzen konserviert. Sobald sie tauen, beginnt die Zersetzung - und zusätzliches Treibhausgas wird frei.
Das Tauen der Permafrostböden gilt daher als möglicher Kipppunkt im globalen Klimasystem. Damit sind Rückkopplungseffekte gemeint, die die Erderwärmung bei Überschreiten bestimmter Schwellen trotz aller von Menschen unternommenen Maßnahmen unumkehrbar machen könnten.
Die Grünen im Bundestag bezeichneten die Ergebnisse der Experten als "besorgniserregend". Es sei bereits die dritte klimabezogene Warnmeldung der Wissenschaft in diesem noch jungen Jahr, erklärte Klimaexpertin Lisa Badum am Mittwoch in Berlin. Klimaschutz dürfe nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Sie forderte die Bundesregierung auf, der Kohlekommission zum Erfolg zu verhelfen. Diese soll Wege zu weniger Kohleverstromung finden.
(O. Petrow--BTZ)