SPD-Vize für Diskussion auch über eine Minderheitsregierung
Angesichts der festgefahrenen Lage nach dem Aus für eine Jamaika-Koalition hat SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Minderheitsregierung hingewiesen. Diese im Grundgesetz vorgesehene Option müsse jetzt auch in Gesprächen erörtert werden, sagte Schäfer-Gümbel am Mittwoch nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. Er verwies dazu auch auf die Erfahrung in Hessen, wo der damalige CDU-Ministerpräsident Roland Koch im Jahr 2008 lange geschäftsführend im Amt war.
Diese Zeit einer geschäftsführenden Landesregierung mit wechselnden Mehrheiten, also faktisch eine Minderheitsregierung, habe "für die Demokratie vieles gebracht", sagte der hessische SPD-Vorsitzende. So sei es etwa zu Debatten jenseits der Koalitionsgrenzen gekommen. Der SPD-Vize sprach sich zugleich gegen eine Neuauflage der großen Koalition im Bund aus. Der Dauerzustand eines solchen Bündnisses stärke nur die politischen Ränder, sagte Schäfer-Gümbel. Zudem sei die Union in den letzten Monaten der großen Koalition vertragsbrüchig geworden. Der SPD-Vorstand habe beschlossen, dass die Sozialdemokraten Neuwahlen nicht scheuten.
Nach dem Abbruch der Gespräche von CDU, CSU, FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition steht die SPD unter Druck, ihr Nein zu einer großen Koalition noch einmal zu überdenken. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will am Donnerstag mit SPD-Chef Martin Schulz die Lage erörtern. Er hatte an die Verantwortung aller Parteien appelliert. Steinmeier führt derzeit Gespräche mit den Parteivorsitzenden aller für eine Koalition aus seiner Sicht in Frage kommenden Parteien.
(O. Karlsson--BTZ)